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DAS
KUNSTGEWERBE.
Ornamentati0n höchst anregend auf die perf1che eingewirkt hat und dass mit ihrer
Hülfe jener Zweig des muhamedanifchen KunltPcils gefchaffen iPc, welcher noch
heute in Perf1en und Indien lebt. Daher zeigen denn auch die alten cl1inef1fchen
Arbeiten, je älter He find, um f0 mehr Verwandtfchaft damit. Das Nähere freilich
ist mit unferer heutigen Kenntniss nicht fePcZuftellen; wir willen des Genaueren
nicht, wann und wie der heutige perf1fchsindifche Dec0rati0nsstil entPcanden ist.
in jedem Fall aber ist dieser Stil ein muhamedanifcher und kein altindifcher; er
gehört dem Islam an, nicht dem Brahmaismus oder Buddhismus, und feine Uebers
tragung nach Indien kann schwerlich vor die Periode der arabifchen Invaf1on
fallen.
Heute scheidet sicl1 die ostafiatische Kunst streng von derjenigen Perfiens
und Indiens. Während die letztere sich rein im stile erhalten hat und wohl
schwächer, aber nicht barock. geworden ist, bildet grade für die chii1esische uiid die
japanische Kunst die Bizarrerie den eigentlichen, entscheidenden Characterzug.
Es sind in beiden stilen dieselben Grundelemente, dieselben decorativen Prins
cipien, aber in China und Japan sind sie alle in das Barocke umgewandelt. Die
Unregelmässigkeit, das plötzliche unmotivirte Abspringen von der Linie und der
Regel ist zum Princip erhoben, grade wie im chinesischen Garten der Wanderer
auf Schritt und Tritt von Ueberraschungen frappirt werden soll und die quersten
Dinge mit einander abwechseln. Daher die Seltsamkeit der Formen, die vers
schnörlcelten 0rnamente, die wunderlichen Costiime, die ungraziösen Bewegungen,
die krumme und eckige Haltung der Menschen. Wir finden diesen Character
überall in jeder Kunstarbeit, mehr freilich noch bei den älter, versteifter und knös
cherner gewordenen Chinesen als bei den immer noch jugendfrischerenJapanern.
Was sich aber hiermit an Kunst und Geschmack vereinigen lässt, das besitzen
beide Völker noch in hohem Grade, obwohl ihre heutigen Leistungen bei weitem.
nicht mehr das sind, was sie ehedem waren. Namentlich hat China in der Trefss
lichkeit seiner Arbeit abgenommen, und manche feine und gute Technik ist heute
vergessen. Nichtsdestoweniger zeigte ihre Ausstellung, die namentlich von Seiten
Japans umfassend und mit grossem Verständniss der Aufgabe besorgt war, dass
noch ein gut Theil, ja mitunter ein glänzendes Theil übrig ist, wovo11 die bess
sere Hälfte aus Japan kommt.
In Einem sind noch alle Und japanischen Arbeiten gut, in der
Farbe. Können die neuen Gegenstände auch hierin sich nicht mit den älteren
messen, wie z. B. die ganze chinesische Ausstellung nichts bot, was sich im Co.
lorit den alten Zellenschmelzgefässen an die Seite stellen liesse, so ist der Sinn für
Harmonie, für feine Farbentöne doch nicht verloren gegangen, Dies Hi f3ft das
einzige Verdienst, welches die Porzellanarbeiten dieser Länder noch besitzen, da
auch die Formen mit der Zeit plumper, barocker und reizloser geworden sind.
Jetzt verlegen sich die Japaner auch bereits auf das Imitiren europäischer Formen.
Die gleichen Reize zeigen durchweg die Seidenstofse und die wundervoll ausges
führten stickereien; diese meist lebhafter in den Farben, zuweilen sehr lebendig
und naturalistisch in Blumen und Vögeln gezeichnet, stets ohne Angabe von Schats
ten und Licht, jene zum Theil von feinen, zum Theil von tiefsten und sattesten
Farben, zum Theil höchst zart in der Harmonie, andere wieder mit breiten Golds
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