Volltext: Die Kunst des Mittelalters, der Renaissance und der Neuzeit: Renaissance und Neuzeit (Bd. 2, Abth. 2, Hälfte 1)

Einundzwanzigstes 
Buch. 
thun (guid Aristoteli et Paula? quid Platoni et Petra  Verdammt sind alle 
Philosophen, und am Tage des Gerichtes wird der feurige Juppiter vorgeführt 
werden, der einfältige Plato sammt seinen Schülern, und es werden dem 
Aristoteles seine Beweise nichts nutzen. Und so wird es dem Pythagoras, 
den Epikureern, Stoikern ergehen. Die Philosophen sind verdammt, weil sie 
selbst, was sie aus Neugier fanden, durch ihren Stolz einbüssten. So ist 
auch Aristoteles, trotz seines Geistes und seiner Beredsamkeit, Schüler Plato's, 
wenn auch Diesem nachstehend, und ebenso Plato selbst der Abgötterei ver- 
fallen. Vor dem Eintreten des Glaubens sind gute Werke nicht anzuerkennen 
(ubi fides non erat, Immun opus mm erat bonum). Selbst das Alte Testament 
rettete nicht vor der Verdammniss, die Wenigen ausgenommen, welche, wie 
Moses, Samuel, David, Abraham und Noah, an die verheissene Menschwerdung 
glaubten. Wahre Gerechtigkeit ist nicht in den Lehren Platois, wahre Weis- 
heit nicht bei den Philosophen, trotz all ihrer Kenntniss der Astronomie, der 
Grammatik, der Musik und Rhetorik. All diese Philosophen sind in der Hölle, 
einen mittlern Ort gibt es nicht  eine Polemik, die sich offenbar nicht 
gegen das Purgatorio, sondern gegen die Annahme jenes Limbus richtet, in 
welchem Dante (Inf. IV) die Weltweisen und Dichter der antiken Vorzeit ver- 
sammelt, einen Ort, wo es man avca pianto, ma che di sospiri, Che Faura 
eterna fdcevan trenvaref (v. 26  Zum Schlüsse wird die heilige Einfalt der 
Apostel wieder in Gegensatz gesetzt zu Plato, Aristoteles, Anaxagoras und 
all den Weltweisen, die, wenn sie vielleicht ein Bruchstück der Wahrheit 
erkannt haben, es doch nur als unrechtmässigen Besitz in Anspruch nehmen 
können, die wir zu unserem Gebrauch verwenden sollen. Die Philosophen 
werden nochmals als die Patriarchen der Ketzer bezeichnet, Physik, Ethik, 
Logik  was sind sie gegen die Heilige Schrift, deren Autorität grösser ist 
als die des ganzen menschlichen Geistes! 
Es könnte den Anschein haben, als ob wir es hier mit der Quintessenz 
eines mönchischen Obscurantismus zu thun hätten, ähnlich demjenigen, welchen 
einige Jahre später bei uns die ,Epistolae virorum obscuroru1n' geisselten. Aber 
der Mann, der diese dunkeln Sachen schrieb, war nichts weniger als ein 
klösterlicher Ascet. Er war jahrelang der treue Diener und Vertraute 
Alexanders VI. Mit Iulius II War er völlig zerfallen; er lebte, aus Rom ent- 
flohen, von 1507 bis zum Tode des Papstes in der Verbannung, war 1517 in 
die Verschwörung des Cardinals Petrucci gegen Leo X hineingezogen und am 
5. Juli 1518 infolge der englischen Politik des Cardinalats und all seiner Aemter 
entkleidet, um dem weltlichen Gericht übergeben zu Werden. Er soll dann 
1521 auf der Reise zu dem folgenden Conclave ermordet worden sein: ein 
Mann, dem wol mehr Uebles nachgesagt wurde, als er verdiente, aber sicher 
ein grosser und gefährlicher Intrigant  dem eruditio honori, peczmia invidiae, 
almbitiio calamitati fu-it, wie Filippo Bonamici schreibt. Sein Buch gegen die- 
Philosophie kann nur angesehen werden als ein Schlag, den er gegen Iulius II 
führte, in demselben Augenblick, wo Dieser sich anschickte, sein Pontificat durch 
das höchste Werk, dessen die gleichzeitige Kunst fähig war, unsterblich zu 
machen. Adrians Auftreten war in den Augen des Papstes eine Empörung gegen 
das, was dieser grösste und verständnissvollste Mäcen der bildenden Kunst 
zur Glorification seiner Regierung, zur Verherrlichung der katholischen Idee 
sich vorgesetzt hatte. Die Vorsehung stellte ihm in Bramante, Michelangelo 
und Raffael Kräfte zur Verfügung, wie keine andere Epoche der Weltgeschichte 
sie nebeneinander gesehen hatte. Behielt der Cardinal von Corneto mit seinem
	        
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