Begriff
Natur und
constitutive
Elemente
Renaissance.
den Rhein besucht und, obgleich kein Freund des Meeres, doch die Küsten
Spaniens und Englands umschifft. Er ist der erste Mensch, der reiste, um
zu reisen, und der erste, der uns in seinem ltinerarium Syriacum' eine Art
Badeker selbst von Ländern, die er nur aus der Litteratur kannte, gereicht hat.
Mit dem Quattrocento beginnt endlich die Application der Reisefrüchte cum-o
für bestimmte wissenschaftliche Discipliilen. Die Entdeckung des Seeweges
nach America und (Jstindien hat gewissermassen erfüllt, was der Chor in
Senecas Medea (Aet. II 371) geweissagt hatte und was in der That die Zeit-
genossen des jüngern Columbus auf die Entdeckung des Vaters anwandten: ,per-
vius orbish Es ist hier nicht der Ort, darauf einzugehen, wie die kosmischen,
geographischen, naturwissenschaftlichen Studien sich seither entwickelten. Der
Reisetrieb, der dem 15. Jahrhundert im Blute lag, hat aber vor allem der
humanistischen Bewegung genutzt. Ein Typ des archäologischen Reisenden
ist Ciriaco de' Pizzicolle aus Ancona (geb. 1391), der schon 1426
Constantinopel, Spanien, einen 'I'hcil von Kleinasien und die Inseln des Mittel-
meeres besuchte, seinen Gönner Engen IV 1432 in Rom aufsuchte, 1433 dem
Kaiser Sigismund daselbst als Cicerone diente, dann wiederholt Italien, Griechen-
land, Kleinasien durchzog und, man weiss nicht genau wann (nach 1449),
in Creniona starb. Ciriaeo ist der erste grosse Reisende, der das Reisen mit
strenger Gewissenhaftigkeit als eine wissenschaftliche Mission auffasste. Er
hat unzählige Monumente zuerst gesehen, gezeichnet, beschrieben. De Rossi
hat mit unsaglicher Mühe die Bruchstücke seiner antiquarischen Thätigkeit,
die sich namentlich auch auf die Sammlung von Münzen und Inschriften be-
zog, zu vereinigen gesucht. Das Ganze ist nie wiederhergestellt werden, aber
es hat sich doch gezeigt, wie die verschollen geglaubten Zeichnungen des
grossen Reisenden, selbst in entstellten (lopien zu uns nach Deutschland herüber-
gebracht, in die Seele unseres Dürer den Strahl der antiken Kunst hinein-
geworfen haben 1.
Wie sehr die Concilien von Ferrara und Florenz der Sache des Humanismus Die
förderlich waren, ist bereits dargelegt werden. Aber auch die beiden grossencigfllffärfs
auf deutscher Erde gehaltenen Reformconcilien waren der Sache äusserst
nützlich. Poccio Bracciolino kam mit seinem päpstlichen Herrn nach Constanz,
von wo aus er die alamannischen Abteien besuchte und aus ihren hand-
schriftlichen Beständen eine grosse Anzahl römischer Classiker, wie Cicero,
Lucrez, Vitruv u. s. f., vervollständigen konnte, während Lionardo Aretino
mit ihm zusammen Cicerois Verrinen und Brutus und die zwölf letzten
Stücke des Plautus zum Vorschein brachte. Auf demselben Concil regten
englische Pralaten den Giovanni da Serravalle zu einer lateinischen Ueber-
setzung der ,Divina Comniedia" an. Auf dem Concil zu Basel begegneten
sich Enea Silvio und Nikolaus Cusanus. Jener ist, besonders seit seinem Enea Silvio.
Eintritt in die kaiserliche Kanzlei 1442, der eigentlicheqApostel des Humanismus
in Deutschland geworden; als Reisender hat er eine Verbindung historischen
und geographischen Interesses an Tag gelegt wie kein Zweiter seiner Zeit,
und als Schilderer landschaftlicher Schönheit hat er ein Auge, wie es keinem
modernen Schriftsteller besser zur Verfügung steht. Geringer als Historiker
' CYRIAGI Anconit. Itinerarium, ed. MEHUS.
Fir. 1742 Ueber seine Inschriftensammlung
s. ALBERTI Descr. di tutta Pltalia, und anderes
Material bei DE Rossx in Mem. delPlst. di corr.
a rch. 186511505, und Mommsnn Prol. zu C. I. L.
Ital. sup. Vgl. O. JAHN Cyriacus v. An-
cona und Albr. Dürer (Aus der Alterthums-
Wissenschaft, Bonn 1868, S. 333). VOIGT I
270. Andere litt. Nachweise bei STARK
Handb. d. Arch. d. KunstI (Lpz. 1880) 91 f.