Buch.
Einundzwanzigstes
gest. 1472), der seinen Landsleuten auf der Unionssynode zuerst das Beispiel
des Uebertritts zur lateinischen Kirche gab und dafür den Cardinalshut er-
hielt: eine edle, hohe Persönlichkeit, die sowol als Cardinal-Legat in Bologna
wie in Rom die Litteraten (Quirini, Gaspare da Volterra, Domizio di Caldiero,
Niccolo Perotti) um sich zu sammeln wusste; ein grosser Bücherliebhaber,
dessen kostbare Bibliothek von 900 Handschriften die Marciana in Venedig
heute noch als sein Geschenk bewahrt.
Nicht alle Vertreter der humanistischen Studien zeigten sich von dem
Ernst eines edlen Idealismus durchdrungen. Neben jener paganistisch-epi-
kureisohen Richtung, welche Wir gekennzeichnet haben, verrieth eine gute An-
zahl dieser Humanisten eine Zanksucht, eine Niedrigkeit der Gesinnung, auf
welche man nur mit tiefem Bedauern zurückblicken kann. Die scandalösen
Gelehrtenzänkereien, deren Schauplatz Florenz in den Zeiten Niccolfs, Rom
in den Tagen Nikolaus" V gewesen, und an denen Valla und Poggio, Perotti
und Georgios Trapezuntios, Platina und Pomponio Leto betheiligt waren,
konnten auch auf die Kreise der Künstler nicht ohne nachtheilige Folgen
bleiben. Erfreulicher blieb der Eifer in Uebersetzung der Alten und ins-
besondere der Griechen. Leonzio Pilat0's Uebersetzung Homers drang
in weite Kreise und brachte auch der Kunstwelt die homerischen Gestalten
naher. Lionardo Bruni erwarb sich als Uebersetzer Plato's unsterblichen
Ruhm 1, und der Camaldulenser Traversari vermittelte zuerst dem Publicum_
durch seine Versionen den Genuss der grossen griechischen Kirchenvater (Basilius,
Chrysostomus, Gregor von Nazianz u. s. f). Seine Uebersetzung der ,Hierarchia
caelestis' des Dionysius Areopagita brachte auch diesen für die Darstellung
der Engelwelt nicht unwichtigen Stoff den Zeitgenossen Wieder nahe. Durch
Filelfo erfuhren diese zuerst Näheres aus den attischen Rednern, aus Xenophon,
Plutarch, Lysias. Lorenzo Valla vermittelte die Fabeln des Aesop, Demo-
sthenes' Rede für den Kranz; ihm trug Nikolaus V eine neue Version der
Ilias und eine Revision des Vulgatatextes auf. Dieser Papst interessirte sich
auch lebhaft für eine vollständige Uebersetzung des Aristoteles, wie ihm über-
haupt am Herzen lag, seiner Zeit nicht bloss einzelne Schriften, sondern wo
möglich die ganze litterarische Thätigkeit der alten Griechen zu vermitteln.
Voigt hat nicht Unrecht, seinen ganzen Hof eine einzige Uebersetzungsanstalt
zu nennen. Er selbst lebte ganz in den Alten. Seine Privatbibliothek, deren
Katalog uns erhalten ist2, bestand ausschliesslich aus antiken Profanschrift-
stellern.
Ein so rasches und massenhaftes Zufliessen neuer Kenntnisse musste auch
die Welt der Künstler namhaft beeinflussen. Mit der Aufnahme dieses Wissens-
stoffes hängt das Emporkommen der der Geschichte der alten Weltweisen, der
Mythologie u. s. f. entnommenen Sujets aufs engste zusammen, wie die
florentinische Kunst sie in den Tagen des Botticelli gepüegt und wie Sie von
da ihren Weg in die Schöpfungen sowol Raffaels als Michelangelds fand.
De, Flmm Gerade für diese Meister der Hochrenaissance erwiesen sich aber die
tinjänfägto-Anregungen höchst fruchtbar, welche der in der zweiten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts in Florenz zur Mode erhobene Platonismus brachte. Cosimo de' Me-
' Ueber Lionardcfs principielle Stellung
zur antiken Welt-auffasslmg und sein handschr.
Jsagogium morale' s. jetzt WOTKE Bei-
träge zu Leon. Bruni (gegen Voigt und
Janitschek); vgl. auch Allg. Ztg. 1893, Nr. 3,
Beil.
2 AMATI in Arch. stor. ital. Ser. I.II (1866),
t. III 1, 207 sg.