Begriff,
Natur
constitutive
Elemente
Renaissance.
nehmen zu dürfen, schon vor Entwicklung der Volkslitteratur dem Klerus
an Bildung überlegen gewesen, ist nicht anzunehmen; auch Dante's Gelehr-
samkeit lässt sich dafür nicht anführen; denn Dante, in den Schulen der
Theologen gebildet, ist seinerErudition und ganzen Auffassung nach doch
sozusagen Cleriicus. Aber die neuen Stoffe, welche jetzt im 13. Jahrhundert
eindringen, bilden, wie sie hauptsächlich von der Laienwelt ergriffen werden,
ein volksthümliches Mittelalter aus, das, durch Dante's Emporhebung des
Volgare getragen, schon in Petrarca und Boccaccio den vollen Sieg über das
Specifisch lateinisch-klerikale Mittelalter davonträgt. Und hier ist der um-
gekehrte Fall wie bei Dante. Petrarca, obgleich Kleriker, gehört in seinem
ganzen Wesen der Laienwelt an: seine ganze poetische Thatigkeit bedeutet
einen trionfo del laicato.
Inzwischen war der Triumph der Antike entschieden angebahnt worden, m? Antike
zunächst in der Politik. Die demokratischen Ideen, welche Arnaldo von Brescia
1148 auf den Trümmern des Capitols vorgetragen hatte und welche Rom
zum Sitz und Mittelpunkt einer grossen Weltrepublik zu machen strebten,
waren mit ihrem Urheber begraben. Wo] aber sah man die Tendenzen der
staufischen Politik von Dante umgesetzt in eine Universalmonarchie, welche
das antike Kaiserthum fortsetzen sollte. Die Frage, ob und inwieweit die
Kaiserkrönungen Heinrichs VII 1312 und Ludwigs des Bayern 1328 mit den
Ideen Danteis irgendwie zusammenhängen, sei hier unerörtertl. Sicher ist,
dass Marsiglio von Padua mit seinem ,Defensor pacist (zwischen 1324
bis 1326 entstanden) nicht sowol Dantels Anschauungen fortsetzte, als viel-
mehr auf diejenigen Arnaldo's zurückgriff und mit seinem Satze: ßmnis potestas
a populo" der theoretische Begründer der heutigen Demokratie wurde. Diese
Tendenzen, vermischt mit danteskcn Einflüssen, nimmt dann Cola di Rienzo
(1347) in sich auf. Glühender als irgend einer der Vorhergehenden ist der
Tribun von Begeisterung für das römische Alterthum erfüllt; sein Traum, die
römische Republik zu repristiniren, war eine Verrücktheit; er bleibt aber
immer, wenn auch das tollste, so doch das merkwürdigste Zeugniss für das
Aufsteigen der Antike und den unsäglichen Enthusiasmus, mit dem jetzt das
Leben, die Litteratur, die Kunst des römischen Alterthums von dem italienischen
Volke ergriffen, nachgebildet und zur Grundlage einer ganz neuen Cultur-
periode gemacht wird.
Eine zweite Seite, auf der sich das Interesse für das Alterthum meldet, ist Beachtung
die stärkere Beachtung der Monumente. Man war auch im frühen Mittelalter dlfinljiltäffr"
nicht ganz achtlos an ihnen vorübergegangen, wie das Beispiel Theodulfs und seit Däntß
andere beweisen. Bewusster erscheint die Berücksichtigung der römischen Denk- Psalm,
mäler schon bei Dante 2. Er erwähnt gern das Rom der Casaren, spricht von
dem Pinienapfel im Vatican und scheint bei dem Relief mit der Legende des
Kaisers Trajan und der Wittwe an die Sculptur eines nun verschwundenen, da-
mals aber noch erhaltenen Triumphbogens gedacht zu haben. In Florenz kennt
er das Marsbild auf der Arnobrücke, welches 1333 zusammenstürzte. Aber das
alles sind im Grunde doch nur precäre Anfänge eines antiquarischen Interesses.
Wie anders ist dies schon kaum ein Menschenalter später bei Petrarca.
Francesco Petrarca (1304-1374) war in der That, .w1e ihn Voigt
nennt, der Entdecker der neuen Welt des Humanismus, der nicht mehr, wie
' Vgl. über alle diese Dinge die Dar- 2 Vgl. darüber meinen ,Dante' S.
legungen in meinem ,Dante', Buch V. S. 679 f. die daselbst angeführte Litteratur.
Kraus, Geschichte der christl. Kunst. II. 2. Abtheilung. 4
und
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