Buch.
Einundzwanzigstes
Kloster
kunst.
Ruhm und Herrschaft waren das Ziel, das Böse ward meist nur im Dienste
dieser Ideen verrichtet, ohne alle Scrupel, aber nicht um seiner selbst Willen.
Daher die seltsame Erscheinung, dass die meisten dieser Gewaltmenschen,
sobald die Fragen der Politik und der Tyrannis nicht in Betracht kamen,
edlen Neigungen und einem vornehmen, namentlich der Welt des Schönen
weit geöffneten Empfinden sich zugänglich erwiesen. Typen solcher Art liefert
die Geschichte der Malatesta in lftimini und Cesena, der Bentivoglio in Bologna,
der Visconti, dann der Sforza in Mailand und Pesaro, der Gonzaga in Mantua,
der Este in Ferrara, der Montefeltre in Urbino, der Medici in Florenz, der
Borgia, der Pii in Carpi, der Ordelaffi in Forli u. s f. Machiavellfs ,Principe'
ist das unsterbliche Handbuch, die Grammatik dieses Tyrannenthums, das
hier freilich in eine höhere nationale Idee eingerückt wird, indem dem Ideal-
princeps am Schlüsse des Werkes die Führung, Befreiung und Einigung der
Nation als Programm aufgestellt wird.
Neben diesen Tyrannen, die fast alle ihre Regierungszeit durch ihren
finanziellen Kräften entsprechende, mehr oder weniger grossartige Aufträge
an die Kunstwelt verherrlicht haben, und von denen Einige, wie Ludovico il
Moro und Cesare Borgia, selbst einen Lionardo an sich zu fesseln wussten,
erstanden auch in den Patriziern der freien Städte, in den Itathgebern
der Fürsten, in den hohen, das Papstthum umgebenden Prälaten und
Würdenträgern der Kunst begeisterte Freunde und allzeit willige Mäcenaten.
In Florenz können seit dem 14. Jahrhundert fast alle die grossen Familien
der Handelswelt, vorab die Medici, als solche bezeichnet werden. Etwas
Aehnliches lässt sich von Venedig sagen: heute noch verkünden die präch-
tigen Grabmäler der Stadt die Kunstliebe derer, welche sie decken, und derer,
welche diese Monumente gesetzt haben. Die Namen der Grimani, Vendramin,
Venier, Contarini, Giustiniani, Correr sind unlösbar mit der Kunstgeschichte
verknüpft. In Bologna sind die Pepoli, Bolognini, Sampieri, Malvezzi zu nennen.
Mailand besitzt jetzt noch die grossartigen Sammlungen der Trivulzi, der
Borromei (Biblioteca Ambrogiana, gegründet 1609 durch den Cardinal-Erz-
bischof Federigo Borromeo), in Genua melden die Paläste der Brignole, Durazzo-
Pallavicini, Balbi, Andrea Doria von der Aufmunterung und dem Schutze,
den grosse Künstler wie Rubens und Van Dyck hier gefunden. Vicenza
mahnt auf Schritt und Tritt an die Trissino, Vahnarana, Chieregati, Colleoni
und das, was Palladio für sie und von ihnen ermuntert einst hier schuf
Anlagen, in denen unser Goethe ,wirklich etwas Göttliches, völlig wie die
Form des grossen Dichtersß fand. In Rom haben einst die grossen alten
Geschlechter der Colonna, Orsini, Caetani, dann viele der Nepotengeschlechter,
wie die Chigi, Borghese, Barberini, Panfili-Doria sich durch ihre grossartigen
Sammlungen und Aufträge als mächtige Förderer der Kunst erwiesen. Aber
nicht bloss materielle Unterstützung floss den Künstlern durch solche Mäcene
zu: kaum weniger erspriesslich musste ihnen die geistige Anleitung und
Führung sein, welche ausgezeichnete Gelehrte und Schriftsteller, wie die
Inghirami, Baldessare Turini, Pietro Bembo, Baldessare Castiglione, den Kory-
phäen der Hochrenaissance, einem Raffael, Giulio Romano u. A. gewährt haben.
All diesen glänzenden Namen hat die Kunstgeschichte Italiens einen
unverwelklichen Lorbeer gewunden. Aber Wer nennt die Namen so vieler
Hunderte von treuen Hütern des kirchlichen und klösterlichen Kunstbesitzes,
die ein ganzes Leben aufwandte, um in ihrer bescheideneren Stellung als Vor-
stand eines Kapitels, eines Klosters den Chor mit prächtigen Erzeugnissen