Volltext: Die Kunst des Mittelalters, der Renaissance und der Neuzeit: Renaissance und Neuzeit (Bd. 2, Abth. 2, Hälfte 1)

Begriff, 
Natur 
constitutive 
Elemente 
Renaissance. 
davon haben wir die Einwirkung sowol in den heiligen Conversationsstücken 
der Malerei als in den grossartigen Compositionen der Raffaefschen Stanzen 
oder des Lionardoschen Abendmahls. Solche Schöpfungen waren nur möglich 
in einem Lande, wo eine starke und allgemein verbreitete Gewöhnung an 
gesellschaftlichen Anstand und vornehme Umgangsformen zu Hause war. Es 
ist nicht zu verkennen, wie mächtig nach dieser Rücksicht der fast täglich 
gebotene Anblick grosser, mit aller Pracht und graziösester Durchbildung 
abgehaltener kirchlicher Feierlichkeiten Wirken musste. Hier stellte der 
römische Ritus eine vollendete Schule dar, welche ohne viele Worte die ganze 
Gemeinde an Ebenmässigkeit und Anmuth der Bewegungen, an harmonisches 
Zusammenwirken der Kräfte, an zarte Aufmerksamkeit in Behandlung dessen, 
was Ehrfurcht und Liebe verdiente, gewöhnen musste. Wieviel die bildende 
Kunst dieser Schule dankt, ist bis jetzt fast immer übersehen worden. 
Anderseits lag ein mächtiges Erziehungsmittel des Volkes nach der Die Sprache 
künstlerischen Seite in der verfeinerten Ausbildung seiner eigenen Sprach e. demahmer" 
Seit Dante war das Toscanische immer mehr und mehr herrschend geworden: 
es bildete sich in der That, wie Burckhardt sehr schön sagt, zur idealen Heimat 
der Gebildeten aller Staaten des früh zerrissenen Landes aus. So hatte es 
schon Dante selbst empfunden: sprach er nicht den ganzen Zauber und die 
unsäglich sittigende Einwirkung des süssesten aller Idiome aus, als er (De 
vulg. eloq. I c. 17) in die Worte ausbrach: ,et vulgare de quo Zoguinzzar, et 
sublivnatuvn est magistratu et potestate, et suos honore sublimat et gloria.    
Quantum vero suos familiares gloriosos efficiat, nos ipsi novimzes, qui huius 
(Iiulced-ivze gloriae vzostrzenz cxilizavßz postergavzzus: g-uare ipsmlz illustre vnerito ' 
proyfteri (lebenmsW Ganze Bände sind in diesen Sätzen geschrieben. Sind 
nicht die lieblichsten Schöpfungen der Renaissance Liedern zu vergleichen, 
gedichtet und gesprochen in jener harmonischen Sprache, die man heute noch 
auf den Strassen von Siena, Perugia, Florenz zu vernehmen Gelegenheit hat? 
Das gesellschaftliche Leben des Rinascimento würde nur unvollkommen Stellung der 
gewürdigt werden, wollte man von der ganz veränderten Stellung absehen, Fraß 
welche sich die Frau in diesem Zeitalter der italienischen Geschichte er- 
rungen hatte. Ohne dieses Element edler Weiblichkeit hätte jenes Geschlecht 
unmöglich jene Feinheit der Empfindung, jene Sicherheit des Tactes, jene 
Anmuth der Bewegung gewinnen können, die aus seiner Litteratur und seinen 
Kunstwerken spricht 1. 
Wenn Janitschek (S. 51) meint: ,Die Mönchstheologie des Mittelalters 
hatte die Frau geschmäht als berufenstes Werkzeug des Teufels, der Cultus 
des Ritterthums sie auf eine Höhe gehoben, von der kein Pfad in die schöne 
Wirklichkeit des Lebens hinabführte", so ist das eine Uebertreibung, ja ein 
gänzliches Verkennen des thatsächlichen Verhaltes. 
Schon das alte germanische Recht hatte der Frau eine vortheilhaftere 
Stellung zugewiesen, als es die antike Welt im allgemeinen gethan: sie ward 
' Vgl. BURCKl-IARUD a. a. O. II 122 f.  
JA-NITSCHEK a. a. O. S. 50 f.  GEBHART 
l. c. p. 263.  MÜNTZ passim, bes. III 
69 s.  V. A. ARULLANI La. Dorma. nella 
letteratura. del Cinquecento. Tor. 1890. Dazu 
WOTKE Zeitschr. f. österr. Gymnasien 1892, 
S. 609-615.  Ders. in d. Allg. Ztg. 1893, 
Nr. 3, und Monatsblätter des Wisscnsch. Club 
in Wien 1896, XVIII Nr. 3.  Zu vergl. sind 
auch: BRUTO AMANTE Giulia Gonzaga contessa 
di Fondi. e il Movimento religioso fomminile 
nel sec. XVI. B01. 1896.  PASOLINI Caterina 
Sforza. 4 voll. Roma, e B01. 1893-1897.  
CH. YRIARTE Isabelle d'Este et les artistes de 
son temps. Par. 1897.  R. m: MAULDE LA CLA- 
VIERE Les femmes de 1a Renaissance. Par. 1898.
	        
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