Volltext: Die Kunst des Mittelalters, der Renaissance und der Neuzeit: Renaissance und Neuzeit (Bd. 2, Abth. 2, Hälfte 1)

Bü-ilhrenaissance. 
meint und ergab sich aus der im Mittelalter längst beliebten Anbringung der 
Donatoren auf Andachtsbildern. Auch die Darstellung des Nackten an heiliger 
Stätte war doch vor 1520 verhältnissmassig in sehr bestimmten Grenzen ge- 
halten und beschränkte sich zunächst auf Sujets wie das Weltgericht, in 
dessen Schilderung sich ein Luca Signorelli im Dom zu Orvieto etwas freier 
herauswagte, ohne indessen irgendwie dem Geiste der Lüsternheit zu opfern, 
wie das später (1518) Correggio in S. Paolo zu Parma der Aebtissin Donna 
Giovanna zu Ehren that. Das Auftreten der Ignuda, der nackten Venusbildeiyßie Ienudß- 
bacchanalischen Scenen, wie Botticelli, Piero di Cosimo, Luca Signorelli (Er- 
ziehung des Pan, für Lorenzo den Aeltern gemalt) sie schufen, berührte die 
Oeffentlichkeit weniger, als es den lasciven Geschmack der Besteller bekun- 
dete. Viel schlimmer war im Grunde, wenn jetzt an der Stätte, wo der 
Ernst christlicher Gesinnung vor allem sein Recht forderte, wenn in den 
Grabdenkmälern der Zeit von 
[xi  jedem christlichen Gedanken 
Ä  und Symbol abstrahirt wird 
f (so an den Mediceergräbern 
  I, x von Verrocchio und Donatello 
X X35 "K"  "x in S. Lorenzo); an andern 
l [v  ßlX X3 christliche und heidnische Vor- 
f, I!   Qijylijl "jäh im Stellungen gemischt sind (Denk- 
Ä i. Mlf   mal Sixtus) IV) oder gar nur 
     mythologische Embleme auf- 
l  h ab   f? 
x  j u?   j] treten (Grab der della Torre  
ß t 7;  -3) .ß x in S. Fermo zu Verona). Weit Pfvsmllßflllls 
kp "1 f),  Z f darüber hinaus ging es noch, jimieigä 
h.   v" wenn in dem von Leone Battista Kunst- 
i i"!  f? x17 P    Al ri ntworfenen Tem el 
ö  lp- 7 bet e l p 
  44,543  1' des Malatesta" zu Rimini (der 
a, ' 4217-2 a" jetzigen Kathedrale, um 1450 
  durch Matteo da Pasti aus 
   Verona erbaut) die gesammte 
Fig. 130. Savoüalgoälli; äilpnläzlläräfhnionmedaillon. Decoration einen durchaus my_ 
thologisch-weltlichenCharakter 
zeigt. Sioismondo Pandolfo Malatesta hatte ihn 1448 als Tempel gelobt, ein 
Wä-k, das, wie er selbst wollte, eine opera da sä darstellt. Ganz heidnisch 
gedacht, ist es freilich in seiner Art einzig. Das Grabdenkmal von Sigismondois 
zgeistvoller Gemahlin Isotta ist ganz profan; profan ist die ganze Decoration 
der Kapelle des hl. Hieronymus (SS. Saeramento), mit ihren Planetenbildern 
und seltsamem Gethier und den broncenen Festons; profan die Cappella del- 
l'Acqua mit dem Denkmal Sigismondds, welches die Pallas im Tempel des 
Gedächtnisses umgeben von allen Generationen, von Scipio bis Malatesta, und 
den Triumphzug Sigismondds aufweist; profan die Behandlung der Thüre 
der zweiten Kapelle links, die der dritten Kapelle links mit den reizenden 
Reliefs der Kinderspiele, und ebenso die Cappella di S. Gaudenzio mit ihren 
Putten, Fruchtkränzen, den 18 Marmorreliefs mit den Allegorien der Künste 
und Wissenschaften. Alles sehr löblich und schön, aber nicht an seinem 
Platze. Und so hatte sich die Antike mit ihrer Mythologie und ihrem ganzen 
Gedankengang schon Vielfach den ihr nicht zukommenden Platz in der Kirche, 
in der Predigt, in der Sitte der Zeit erobert: die Reaction seitens des ge-
	        
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