italienische
Frührenaissance.
keit dar, die sich auf Vier Säle, mit der Torre Borgia auf sechs Säle er-
streckt, voii denen der der Päpste schon 1500 durch Einsturz der Decke seine
Gemälde verlor, andere schwere Schädigungen erlitten. Erst Leo XIII liess
diese verfallenen Gemächer und ihren malerischen Schmuck durch die ge-
schickte Hand C. L. Seitz" wiederherstellen und öifentlich zugänglich machen.
Von Pinturicchio selbst sind unter den Malereien erhalten im Saal delle
Miscellanee (II) die Auferstehung Christi (Fig. 128) mit dem Bilde des knieenden
Papstes (Fig. 129), die Himmelfahrt des Herrn, die Herabkunft des Heiligen
Geistes, die Auffahrt Mariae wobei Geliülfeii stark mitgearbeitet haben.
In der Sala delle Stampe (III) ist neben den Legenden der hll. Katharina
(Katharina tragt die Züge Lucrezia's!), Barbara, Iuliana, Sebastian u. s. f.
die heilige Jungfrau (angeblich Porträt der Giulia Farnese) gemalt; an' der Decke
Osiris und Isis, von einem Schüler; die Heiligenlegenden, auch von verschiede-
nen Händen, in denen man Einflüsse des Signorelli und Sodomas erkennen will.
In dem vierten Saale ausser biblischen See-
; i 3 nen. die Personiücationen der sieben freien
Künste. Die Sala delle Storie (v1) bietet Si-
" 4. byllen und Propheten, die man Peruzzi oder
seinem Lehrer Pier diAndrea da Volterra zu-
4 schreibt. Diese in der kurzen Zeit von 1492
bis 1494 im wesentlichen vollendeten Fresken
zeigen neben denjenigen, welche Pinturicchio
"k; 4;! Lt in der Libreria des Domes von Siena für den
Cardinal Francesco Piccolomini ausführte,
V5 den Meister auf dem Höhepunkt seiner
Leistung, die wesentlich erzählenden und
9b? _V i_ malerischen Charakters ist und in ihren
grossen Prachtcompositionen sich zunächst
an Benozzo Gozzoli anschhesst. Die Aus-
führung ist im Detail sehr sorgfältig, Pin-
turicchio ist, wie man sieht, von der Minia-
iit-Jät. trägt? tlgziifstilf- tw-malerei ausgegangen. Er impßnirt durch
Borgia im Vflliicali. (Phot. Daiiesi.) die Pracht seiner Farben, durch sein Arrange-
ment. Aber er kennt die Geheimnisse der
Perspective, die Gesetze des Aufbaues kaum, und bei seiner handwerks-
niassigen Production geht die Welt der Innerlichkeit ganz leer aus. Müntz
nennt ihn, fast noch härter als Vasari, einen Künstler, der nicht bedeutend,
sondern nur unterhaltend (amusaizt) ist und dessen Werth im Grunde nur in
der Costüm- und Sittenschilderung seiner Zeit liegt. Hinter den grossen Malern
von Florenz und dem Norden Italiens stand er weit zurück, und es erklärt
sich daraus, dass er weder von den Medici noch von den Sforza oder Gonzaga
mit Aufträgen beehrt wurde. Als Maler Alexanders VI muss man fürchten,
dass er die Würde der Kunst dem Behagen eines wollüstigen Despoten ge-
opfert hat. Mag er der Madonna die Züge Giulia Farneses gegeben haben
oder nicht der den Auferstehenden anbetende Borgia ist eine Concession,
deren kein Mitbürger Savonarolais sich schuldig gemacht hätte.
Untergegangen sind die Fresken, welche Pinturicchio zur Verherrlichung
der Geschichte Alexander's VI in Castel S. Angele schuf. Die 1501 für die
Kathedrale von Spello ausgeführten bieten das imposante Bild Christi unter den
Lehrern und wieder die Sibyllen. 1502-1506 fallen die für den spätern Papst
Kraus, Geschichte der christl. Kunst. ii. 2. Abtheilung. 18