Frührenaissance.
italienische
z. B. darin bestände, dass Perugino unaufhörlich sein Herz auf der Zunge
trüge und in jedem Werke möglichst vollständige Programme seines indivi-
duellen Denkens und Fühlens von sich gäbe. Er hat aber als Künstler und
Dichter gar keine andere Gesinnung nöthig, als die sehr starke, welche dazu
gehört, um seinem Werke die grösstmögliche Vollkommenheit zu geben. Seine
sonstigen religiösen, sittlichen und politischen Ueberzeugungen sind seine per-
sönliche Sache. Sie werden hier und da. in seine Werke hineinklingen, aber
nicht deren Grundlage ausmachen)"
Ich fürchte, dass es nicht Burckhardts glücklichste Stunde war, in der
diese Zeilen geschrieben Wurden. Das ästhetische und kunstgeschichtliche
Problem ist nicht, ob ein atheistischer Perugino seine Ekstasen malen wollte,
sondern ob er sie hätte malen können. Müntz (II 716) kommt der Wahr-
heit entschieden näher, wenn er meint: ßincärc ou non, il exprivlnait las sm-
tiHlMltS (lc scs crmtcmporuivzs avcc um? chalcur, unc elläuafiovlz, imc äloqumuva qui
touclumt souvent au sublz7n1c.' Der französische Kritiker sieht sehr gut, dass
Porugino,
Kreuzigung mit Hei
Maria Mnddalezxa de'
Pazzi zu Florenz.
Alinari.
ein Kunstwerk da nicht entstehen kann, wo der Urheber desselben aus dem
Zusammenhang mit der Seele seiner Zeitgenossen völlig herausgerissen ist.
Anders hat ltio die Sache angefasst. Er erinnert daran, Welchen fatalen Ein-
wirkungen und Prüfungen Peruginois religiöse Ueberzeugungen im Laufe der
Zeit ausgesetzt waren; wie unter dem Druck derselben das Gleichgewicht
seiner Fähigkeiten sich verschob und das Ideal ihm zerbrochen wurde. Wie
so vielen andern Seelen erging es auch der seinigen: um Auserwählte zu sein,
hätten sie eines andern Schauspiels und anderer Schauspieler auf der Bühne
der sie umgebenden Welt bedurft: ,Un sombrc nuagc, m rrppumencra inmzobilv, sc
plage, entre lui et lre soleil de son intelligencc. Il se pevrsuevzclra guc cüitait inne (Fzrlilzsce
(itßrnclle, et il ne lem plus Zu täte pour voir si lc nuage zitait passe" (II 270).
Im Jahre 1493 sehen wir Perugino in Beziehung treten zu den Domini-
eanern von S. Domenico in Fiesole, für die er das schöne in der Tribuna der
Ufiizien (Nr. 1122) bewahrte, datirte Bild malte: Madonna zwischen Johannes
dem Täufer und S. Sebastian. Lasst diese Beziehung schon unterstellen, dass der
Meister Savonarolais Einfluss zugänglich war, so führt, wie schon Rio (II 242)
bemerkt hat, das Spruchband mit Savonarolas Devise Dmmv fIIIHF auf die An-