Zweiu
ldzwanzigstes
Buch.
Sculptl
Obcrita
schlägt hier entschieden den ihm zur Seite gesetzten düstern Pendant, der
jetzt als Michelangelds Werk erkannt ist. Wie weit aber dieser Künstler
sich auch schon dem äussersten und selbst brutalen Naturalismus zuneigt,
beweist die grosse Pieta in der Chiesa della Vita mit ihren verzweifelten
Frauen (Fig. 104).
n Ein eigenes Leben entwickelt noch die Lombardei auf dem Gebiete der
Plastik 1. Mehr als irgendwo sind hier die Schicksale der Sculptur mit der
Entwicklung der Architektur verbunden. Die Zllagistri Comacini, welche nicht
bloss nach Süditalien, sondern über die Alpen nach den Rhein- und Nieder-
landen wandern, sind immer noch ein wichtiges, nicht völlig klargelegtes
Problem der Kunstgeschichte 2. Zunächst beobachten wir in Mailand an der
Decoration des Domes wie an seiner Architektur den langsamen Uebergang
von der Grothik zu den Formen der Renaissance; das eigentliche und Haupt-
Sanctuarium der lombardischen Sculptur ward aber die Certosa von Pavia3
(ihre Stiftung gelobt durch Caterina, Gemahlin des Giovanni Galeazzo Vis-
Niccolö
del1' Arca,
Kirche della Vita in Bologna.
conti 1390, begonnen durch Letztern 1396; unter Francesco Sforza Bauleitung
des Guiniforte da Solario bis 1481, welcher dem Bau die jetzige Anlage gab
1453-1470), an der sowol die Brüder Antonio und Cristoforo Mantegazza
(gest. 1493 und 1482) als vor Allen Giovanni Antonio Omodeo (Amadeo,
aus Pavia, 1447-1522) seit 1466 beschäftigt Waren, letzterer, um dann, nach-
dem er in Bergamo gearbeitet, die Oberleitung zu übernehmen. Das prunk-
volle Grabmal des Giangaleazzo Visconti im Querschiff ist ein Werk des Cristo-
f oro Romano (1492-1497). Demnächst sind die Grabmäler der Colleoni in
Bergamo (besonders Bartolommeo Colleonfs Epitaph von Om0de04), die
Borromeer-Denkmäler auf Isola Bella, die Reste des Grabmals der Beatrice
d'Este und ihres Gemahls Lodovico il Moro in der Certosa (von Cristoforo
Solari il Gobbo, 1498), das zertrümmerte Grabmal des französischen Feld-
herrn Gaston de Foix (gest. 1515), zum Theil nun im Museo Lapidario zu
1 LÜBKE Zeitschr. f. bild. Kunst VI 29 f.
2 Vgl. jetzt LEADER ScoTT The Cathedral
Builders. Lond. 1899.
3 Vgl. Zeitschr. f. bild. Kunst VI 42.
4 A. G. MEYER über die Colleoni-Kapelle in
J ahrb. d. kgl. preuss. Kunstsamml. XV (1894) 5.