Zweiundzwanzigstes Buch.
An tonello
da.
Messina.
nicht in Abrede zu stellen sein. Man nimmt jetzt durchschnittlich an, dass
bis auf Giotto Wandgemälde nur in Tempera (d. i. Leimfarbe, peinmre m
ziätrempe, distemgzeir paivztringy) ausgeführt wurden und dasselbe Verfahren im
wesentlichen bis tief ins 15. Jahrhundert auch für die Tafelmalerei vor-
waltete. Die Farbenstoife Wurden dabei, wie uns die mittelalterlichen R-ecepte
bestätigen, mit Leimwasser angerieben und erhielten dann einen Zusatz von
Eiweiss, Honig oder andern Bindemitteln, auch Casein. Seit Giotto Ware die
Untermalung al fresco, d. h. auf dem frischen, noch nassen Kalk, ausge-
führt worden und die Bilder hatten dann eine Uebermalung al secco er-
fahren, worauf, mit Anfang des 15. Jahrhunderts, die eigentliche Frescomalerei
aufgekommen sei. Nach der gewöhnlichen, von Vasari begründeten oder auf-
genommenen Vorstellung (II 569) hatte Antonello von Messina (ca.
1444 bis ca. 1498) von Jan van Eyck (gest. Juni 1440) in Flandern das Ge-
heimniss der Oelmalerei erlernt 1 und es nach Venedig gebracht (er wird hier
urkundlich noch 1475 erwähnt), wo er es Domenico Veneziano mitgetheilt
habe. In Florenz entwickelten die Pesello, Pollajuoli und Verrocchio dies Ver-
fahren weiter, das dann durch Perugino und Lionardo seine höchste Aus-
bildung erhielt. Der ausserordentlioh ausgebildete Sinn für Formenschmelz,
wie wir ihn bei Francesco Francia und den Umbriern beobachten, hat die
von Giotto bis auf Ghirlandajo den Florentinern eigene Herbheit gemildert
und hat mit dieserneuen Technik dem extremen, oft rohen Naturalismus der
Peselli, Pollajuoli, Castagno ein Element der Milde entgegengesetzt, welches
nothwendig war, um die Kunst ihrer vollen Höhe in Lionardo und Itaffael ent-
gegenzuführen. Dass die Florentiner genau begriffen, was es mit dieser Neuerung
auf sich habe, bezeugt Vasari mit der Bemerkung, dass Peruginds Malweise
das ,Staunen der gaffenden Menge, die vor einem Wunder zu stehen glaubte,
hervorgerufen habei
Das Auftreten der Oelfarbentechnik hat nicht nur die Malweise der
Künstler in hohem Grade beeiniiusst; es hat, wie kein anderer Umstand, das
Vorschlagen des coloristischen Elementes in der Kunst über das zeichnerische
bedingt, dem menschlichen Auge ganz neue Gebiete eröffnet und ihm in einer
bisher nicht geahnten Weise die Empiindungsfähigkeit für das speciiisch
Malerische, für Farbe und Stimmung, gegeben. Schon damit War eine voll-
ständige Revolution bedingt. Die Zeiten der WVandmalerei gehen dahin, das
Tafelbild und die Leinwand werden bevorzugt. Die Entdeckung des Menschen
und diejenige der Natur, welche sich seit Dante und Giotto eingestellt und
welche durch die grossen Realisten der ersten Hälfte des Quattrocento zur
vollendeten Thatsache geworden, hat sich ein neues, willkommenes und im
Grunde nothwendiges Instrument der Schilderung geschaffen. Das Mittelalter
ist vorbei, und wir stehen in der Neuzeit 2.
1 Auf die Frage der Erfindung der
Oelmalerei ist später, wenn von den Van
Eyck zu sprechen ist, zurückzukommen. Hier
genüge die Bemerkung, dass erwiesener-
massen die Malerei in Oelfarben auch schon
vor dem Auftreten des Brüderpaares und un-
abhängig von ihnen geübt wurde. Wahr-
scheinlich wurde schon vor 1419 die neue
Technik auf mehr als einem Punkte Flan-
derns entdeckt und verdankt dann dem mäch-
tigen Einilusse der Van Eyck ihre allgemeine
Aufnahme. Vgl. SCHNAASE VII 162 f.
Cuowß und CAVALCASELLE lV 182. M1-
LANESI zu VASARI I[ 570. 575 sg, wo auch
die weitere Litteratur beigebracht ist.
BERGER. Zeitschr. f. bild. Kunst, N. F. VI 208.
Zu Antonello vgl. noch Bonn (A. Jünger
Veneziands!) im Jahrb. d. kgl. preuss. Kunst-
samml. XII 171. GRONAU (Heimat des A.)
im Repert. f. Kunstw. XX 347.
2 Man beachte, wie das Aufkommen der
Oelmalerei Hand in Hand geht mit einer