Buch.
Zweiundzwanzigstes
worauf diese Künstler ausgingen (Fabriczy). Einen weitern grossen Schritt
bezeichnet das Studium der Perspective, deren Gesetze jetzt erst durch
Brunelleschi und Alberti gefunden wurden 1. Die Kuppel des Florentiner Domes
war Brunelleschiis erste grosse Schöpfung. Das Projec-t der Kuppel war frei-
lich lange vor ihm durch die 1367 von der Dombaubehörde berufenen acht
Meister festgestellt worden, nachdem die Entwürfe Talentfs (1357) und Gio-
vanni's di Lapo Ghini (1360) vorausgegangen waren. Brunelleschi erscheint
in Verbindung mit diesem Bau seit 1417, doch musste er sich (1420) mit
Ghiberti und Battista d'Antonio in die Bauleitung theilen. Es galt hier die
Schwierigkeit, eine Spannweite von 42 m (V2 m weniger als bei der Peters-
kirche, 11,12 m weniger als beim Pantheon) zu überwölben; sie wurde gelöst,
indem die Kappen des achttheiligen Klostergewölbes möglichst steil empor-
geführt wurden 2. Es ist jetzt (durch Nardini) bewiesen, dass die Conception
der Domkuppel von Florenz nicht Brunelleschfs, sondern Ghinfs (1360) gei-
stiges Eigenthum ist; Letzterer war durch Talentiis Unterbau und das Modell
von 1357 gebunden. Was Brunelleschi eignet, ist die meisterhafte technische
Ausführung und von der äussern Decoration die vier an den Tambour an-
gelehnten Halbrundbauten nebst der Laterne! im übrigen hatte, wie das
H. v. Geymüller nachgewiesen hat, schon Arnolfo, den Sienesen folgend,
den Kuppeln der Kathedralen nicht mehr den blossen Durchmesser der Vierung,
sondern beiläufig die ganze Breite des Langhauses gegeben und somit die
wahre Grundlage für die grossen Kuppelkirchen gelegt 3. Zu gleicher Zeit
unternahm Brunelleschi S. Lorenzo (Sacristei 1428), dessen Kreuzschiif er
unvollendet hinterliess: das erste Beispiel, wo auf die römische Basilika
zurückgegriffen und der Säule ihre antike Gliederung wiedergegeben wird.
S. Spirito (1436 begonnen, erst nach seinem Tode vollendet), die Kapelle der
Pazzi im vordern Klosterhof von S. Croce (Centralanlage, griechisches Kreuz;
seit 1430, nach v. Geymüller seit 1427), das Oratorio degli Angeli (1434),
die Halle der Innocenti (des Findelhauses bei S. Annunziata, 1426-1436),
der Klosterhof des zweiten Kreuzganges von S. Croce in Florenz, die köstliche
geistliche Villa der Badia von Fiesole (1456-1466 nach seinem Entwürfe aus-
geführt) vervollständigen das Bild von Brunelleschfs kirchlicher Bauthätigkeit,
neben der freilich seine Bedeutung im Palastbau (Palazzo di Parte Guelfa seit
1418; Modell zum Mediceerpalast; Palazzo Pitti [der Zierbau des ehemaligen
Palazzo Pazzi, jetzt Quaratesi, seit 1445, nach v. Geymüller sehr fraglichjl)
und als Ingenieur, Festungsbaumeister und Mechaniker nicht zu übersehen ist.
Brunelleschi hatte seine neuen Principien über Florenz hinaus nach Ferrara,
Mailand, Pisa getragen, Als er, 1446, starb, konnte er seiner Nation die
Wiedererweckung des reinsten Sinnes für die classische Schönheit als Erbe
l Vgl. H. Bnocxmws zu J. GAURICUS De
Seulptura. Lpz. 1886.
2 Vgl. GUASTI La Cupola cli S. Maria del
Fiore. Fir. 1857. Ders., S. Maria deLFiore, 1a
Costruzione (lella Chiesa e del Campanilo, sec.
i documenti ecc. Fir. 1887. ARIST. NARDINI
Despotti Mospignotti, Fil. di Ser Bruuellesco
e 1a Cupola del Duomo di Firenze. Liv. 1885.
DURM Zwei Grossconstructionen der ital.
Renaissance. I.: Die Domkuppel zu Florenz
(Zeitschr. f. Bauwesen, Berl. 1887, S. 355 HI).
FABRICZY a. a. O. S. 77 f. v. GEY-
MÜLLER a. a. O. Für den Dom vgl. noch
Borro Zeitschr. f. bild. Kunst XVI 22. Ders.,
Vita ital. nel Trecento (1895) p. 374. Zum
Campanile: J. v. SCHLOSSER Jahrb. der kunst-
hist. Samml. d. Allerh. Kaiserhauses XVI
(1896) 55 (betizGiottds Antheil).
3 v. GEYMÜLLER ist auch der Ansicht,
dass Arnolfo schon das Element der Antike
in seine Architektur aufgenommen bezw.
darin festgehalten habe.