Frührenaissance.
italienische
Schema Nr. l); es lässt sich im Wesentlichen in eine obere und untere Zone
theilen. Die untere eröffnet sich rechts vom Beschauer mit der Scene des
Lustgartens, wie wir ihn bereits in der Spanischen Kapelle kennen gelernt
haben. Unter köstlichen, von Putti belebten Pinien sitzen Herren und Damen,
die sich an Saitenspiel und Unterhaltungen ergötzen, gewiss ähnlicher Art,
wie wir sie aus dem ,Decamer0ne' und aus Giovanni da Pratois Roman ,Il
Paradiso degli Alberti" (1389)1 kennen. An der entgegengesetzen Seite des
Bildes bewegt sich vor einer Felsenlandschaft eine Cavalcade mit ihrem Ge-
folge, mit Pagen und Hunden. Der Jagdzug wird plötzlich unterbrochen,
indem er auf drei offene Särge stösst, in deren einem der Leichnam eines
eben Dahingeschiedenen noch in den Todtenkleidern, im zweiten eine von
Schlangen verfressene, halb verweste Leiche, in dem dritten ein grauenhaftes
Gerippe ruhen. Den Sinn dieser grässlichen Ueberraschung gibt das lange
Spruchband an, welches Macarius, der Einsiedler, der Jagdgesellschaft ent-
gegenreicht 2, und dessen Schluss besagt, wie hier alle irdische Eitelkeit und
Hoffart ihr Ende hat la vana gloria ci sarä sconfitta, la superbia ci
sank da morte. Damit ist im Grunde der geistige Inhalt der ganzen Gom-
position ausgedrückt. Von jeher hat man die Art bewundert, wie diese Todes-
mahnung in der Schilderung des Künstlers hier auf Menschen und Thiere
wirkt. Die Pferde scheuen und weichen vor den offenstehenden Särgen
zurück, und eines derselben reckt den Kopf nach dem mittlern Sarg, mit auf-
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Südwand des Camposanto zu Pisa.
gerissenen Nüstern, um des grauenvollen Schauspiels sich zu versichern. Von
den Cavalieren sind die Einen entsetzt, die Andern von Neugier bewegt; der
mittlere hält sich die Nase zu, die Dame neben ihm verfällt in trauervolles
Sinnen über die Nichtigkeit alles Irdischen. Sie trägt, wie ihre beiden in erster
Linie reitenden Jagdgenossen, den goldenen Kronreif um den Hut. Es sind
also Fürsten dieser Welt, mit denen hier der Tod so handgreiflich zusan1men-
stösst. Vasari nennt als einen derselben Andrea Uguccione della Faggiola
aus Arezzo, wie er unter der Gesellschaft der Fröhlichen Castruccio, den Herrn
von Lucca, zu bezeichnen Wusste. Für die zwei andern sind mancherlei Hypo-
thesen (so Kaiser Ludwig der Bayer und die Pfalzgräiin) aufgestellt worden,
die man bei Rosini und Grassi nachlesen möge: einen sonderlichen Werth
kann man diesen Taufen um so weniger zumessen, als die Anlehnung der
Composition an die aus der indischen Buddhalegende hergenommene Ge-
schichte von Barlaam und Josaphat und die auf französischen Denkmälern
wurde, lehrt uns noch das Beispiel Piero di Co- Pnuo , a cura di AL. Wmssmorsxv. Bol.
simcfs, der einen solchen Oarro bei der Rück- 1867. I.
kehr der Medici nach Florenz eonstruirte (VA- 2 Die unser Gemälde illustrirenden In-
SARI IV 136); bei der Aufführung wurde das Schriften, früher nur unvollkommen gelesen,
Lied ,Fu1nmo giä. come voi siete' (Canti Car- sind uns in einer alten, jüngst durch Mon-
nascialeschi [Ed. Fir. 1858] p. 131) recitirt. PURGO 1. c. vcröffoxitlichten Copie erhalten
' I1 Paradiso degli Alberti, ritrovi e ragio- (Cod. Marciano-ital. Cl. IX, Nr. 204, 15. Jahr-
namenti del 1389, romanzo di GIOVANNI DA hundert).
Kraus, Geschichte der christl. Kunst. II. 2. Abtheilung. I1