Buch.
Zwei undzwanzigstes
graqgia, Uhr: Domlcnicr) mena per cammind (Parad. X 94 f). Eine ganze ltotte
anderer Hunde jagt der Inquisitor mit seinem Stabc gegen die als Wölfe oder
Füchse geschilderten Ketzer, die natürlich besiegt und zerfleischt am Boden
liegen 1. Die Beziehung der Hunde des Herrn (Domini canes) auf den Namen
der Dominicaner und auf den Traum der Mutter des hl. Dominicus ist zu
bekannt, als dass sie einer Erläuterung bedürfte 2. Die Anwesenheit der welt-
lichen Gebieter in dieser Scene weist (larauf hin, dass sie als Executoren bei
den ihnen von der Inquisition Ueberwiesenen zu fungiren haben.
Die Thätigkeit der Dominicaner im kirchlichen Leben erschöpft sich da-
durch nicht. Sie haben nicht nur die Haretiker zu überweisen, sondern auch
das sündige Volk der Weltkinder zu bekehren und mit Gott auszusölmen.
Dies Volk hat sich in dem Lustgarten versammelt, welcher rechts vom Be-
schauer in der mittlern Zone des Gemäldes uns entgegentritt. Da sitzt vor
dem Gebüsch eine Gesellschaft von vier Personen, Herren und Damen, Welche
sich an Saitenspiel erfreuen, Falken und Schoosshündchen tragen, und vor denen
im Vordergrund jüngeres Volk im Reigentanze sich ergötzt. In den Baumen
klettern Kinder nach Früchten. Dieser Lustgarten, welchen Hettner, ohne zu
wissen, wie der lzortus COHCZUSIJS des Hohenliedes (4, 12) in der lkonographie des
Mittelalters verwendet und dargestellt wird, für den mystischen geschlossenen
Garten der Contemplation nahm, ist ein Seitenstück zu demjenigen des Trionfo
della morte in Pisa und bildet überhaupt ein in der toscanischen Kunst ziemlich
gelauliges Motiv. Aus ihm und seiner Verführung führt nur die Busse heraus.
Mit dem Rücken dieser Lust zugekehrt steht der offene Marmorstuhl des Pöniten-
tiars, vor welchem der Pönitent mit gefalteten Händen knieend die Absolution
empfängt. Die Darstellung entspricht genau der Art, wie damals meist noch das
Sacrament der Busse gespendet wurde: in einem offenen, nicht geschlossenen
Beichtstuhl sitzt der Priester, der Büssende kniet vor ihm auf der Erde. Ganz
so sehen wir die Beichte auf dem Relief des Giottotsohen Campanile, also fast
aus der gleichen Zeit. Die Ausgesöhnten werden von einem andern Domini-
caner, den der Nimbus auszeichnet, Wahrscheinlich Dominicus selbst, zu der
Pforte des Himmels geleitet, wo sie als kleine Kinder, in weisse Gewänder ge-
kleidet, von Engeln bekränzt und vom hl. Petrus eingelassen werden. Die
Bildung der Seelen als kleine Kinder und die Bekleidung der ins Paradies Ein-
tretenden mit weissen Tuniken entspricht durchaus der traditionellen Uebung,
ebenso die Versammlung der Seligen, die sich oben mit Johannes dem Täufer
eröffnet. Dann folgen einige Vertreter der himmlischen Stande Apostel
(Johannes der Evangelist neben Baptista), Doctores (ein Papst mit Tiara, wol
' Was über die Lupi als Bezeichnung der
Häretikel- und Verfolger der Kirche zu sagen
ist, habe ich in meinem ,Dante' (S. 445) zu-
sannnengetragen. Gegenüber VASARI, der
auch Wölfe hier sieht, macht HETTNER (S. 119)
geltend, man habe mit Rücksicht auf Hohe].
2, 15 (,capite nobis vulpes parvulas, quae
delnoliuntur vineas") und die Beziehung dieser
Stelle im Connnentar des hl. Thomas auf
die Verfolgung der Kirche Füchse zu sehen.
In dem Bilde lässt die freilich sehr unbehol-
fene Gestaltung der Tiere in der That eher
an Füchse als an Wölfe denken. Dass ge-
rade die Zeit, in welcher das Gemälde in der
Spanischen Kapelle entstand, an die Symboli-
sirung der Haretiker unter dem Bilde der
Füchse gewöhnt war, zeigt die kurz vorher
unter Johannes XXII entstandene berühmte
Schrift des ALVARUS Pnmams (Pelayo) De
planctu Ecclesiae, wo (lib. II c. 2, ed. Ve-
net. 1650 f. 5') ausführlich über die Vulpcs
als die in der Kirche deambulirenden Häre-
tiker gehandelt wird.
2 Vgl. DANTE Paradiso XII 60 und dazu
die bei SCARTAZZINI Comment. Lips. lll
314 gesammelten Stellen aus den alten
Commentaren. Acta Sanctorum Aug. [
546-559.