italienische
ihrenaissance
function des Ordens, die Inquisition. Sie spielt schon im Leben des l1l. Dominicus
ihre Rolle. Seine Biographen, Constantin von Orvieto und der selige Humbert,
berichten die Ueberweisung von Ketzern an die Weltliche Gerechtigkeit. Die
Ueberwveisung bestand in der Belehrung, und falls diese erfolglos blieb, in der
Auslieferung an den weltlichen Arm. Gerade in den Tagen, in denen dies
unser Bild entstand, übten die Dominicaner in Florenz ihr Amt als Inquisitoren
mit besonderm Eifer aus 1. Wie sie sich das im Organismus des kirchlichen
Lebens vorstellen, zeigt die Scene zur linken Hand des Beschauers, deren
Hintergrund ein machtiger Dom als Symbol der christlichen Kirche einnimmt.
Man erkennt ohne Mühe darin eine freie Abbildung von S. Maria del Fiore,
mit den drei Conchen und der Kuppel, die damals noch nicht ausgeführt war,
mit spitzbogigen Oberlichtern statt der vorhandenen runden, und dem Cam-
panile an der Ost-, statt an der Westseite: alles das, wie man annimmt, nach dem
Entwürfe des Arnolfo, was mehr als fraglich ist. Vor der Langseite des Domes
hat die grosse Versammlung Platz genommen, welche das Tribunal für die
Reinerhaltung des Glaubens darstellt. In der Mitte thront der Papst in
Pontilicalkleidung, auf dem Haupte die Tiara tragend, in der Linken den ge-
krünnnten Bischofsstab, den der Papst sonst nicht tragt, der hier aber auf-
fallenderweise als Symbol der Iurisdiction beigegeben ist Neben ihm sitzen
rechts ein Cardinal und ein Bischof, auch letzterer als Vorsitzender der
Diöcesan-Inquisition ebenfalls mit dem Stab der Iurisdiction ausgerüstet. Zur
Linken des Papstes haben der Kaiser, sein Kanzler und sein Feldherr Platz
genommen. Der Kaiser ist durch Krone, Schwert und Reichsapfel charakteri-
sirt. Sehr bemerkenswerth ist, dass die Vertreter der weltlichen Ordnung,
der Kaiser obenan, nicht den Ehrenplatz zur Rechten des Papstes einnehmen,
sondern in die zweite lteihe gerückt sind, ganz entsprechend den curialistischen
Anschauungen, wie sie zwanzig Jahre vorher Johannes XXII im Gegensatz
zu Dante's ,Monarchia' durch Agostino Trionfo der "Welt hatte vorlegen lassen.
Viel Volk ist rechts und links als Zuschauer um dies {Fribunal geschart,
Geistliche und Weltliche, Mönche und Nonnen, Alte und Junge, Gesunde und
Kranke mit ihren Krücken, Alle haben sich aufgemacht, um dem seltsamen
Schauspiel beizuwolmen. Dies Schauspiel ist allegorisirt durch das, was sich
zu den Füssen des Papstes zutragt. Auf einer Stufe vor seinem Sitze liegt
in behaglicher Ruhe als kleine Schafe gebildet die Herde der frommen
Gläubigen, vor denen zwei Hündlein WVache halten die ,Agni della sawzta
1 Zu erinnern ist hier zunächst an die
Uebertragung der Inquisition ,ad exterminium
pravitatis haeretice' an die in Florenz in-
stituirten Inquisitoren durch Erlass Papst
Martins IV (1283, Apr. 3. [Fm Toeco ,Quel
che non de 11e1la Div. C0111. 0 Dante e
l'E1-esia', B01. 1899, in PASSERINI e PAPA
Bibliot. stoiz-crit. della lett. dantesca, Nr. VI,
S. dann an die bei RICHA 1. c. III 1, 19 f.
abgedruckte notarielle Urkunde betr. der ,Bat-
taglia tra Cattolici ed Eretici in Firenzei
Die Scene spielte sich auf dem Platz vor
S. Maria Novella ab (1245) in einer Weise,
welche stark an die Darstellung unseres
Wandgemäldes erinnert: ,acta sunt hec in
die b. Bartolomei in platea S. Marie Novelle
ca die, quae per Paeeln et Baronem et Pote-
statcm excomnlunicatum in favoreln Hereti-
eeruin contra Fideles est publice diinicatuin
corani multiturline Fidelium arnmtorum, qui
venerant contra Ilereticos pugnaturr etc. ]n
der Zeit, uni die es sich hier handelt, spielt
der Inquisitionsprocess in Florenz, welchen
Für. T0000 kürzlich besprochen hat (bes.
1.
2 Hr. Prof. Dr. BROCKHAUS hat auf meinen
Wunsch hin das Fresco wieder einer ein-
gehenden Besichtigung unterworfen und Ueber-
malungen festgestellt, welche ein Urteil über
den ursprünglichen Zustand des Gemäldes,
bezw. gewisse Details, wie den Bischofsstab
und die Inful, kaum gestatten dürften.