Zweiundzwanzigstes
maldes ,la Clziesa lllilitczwzte e Trionfavzte" und erwähnt auch, nach dem Vorgange
Baldinuccfs und Cinellis, die weissgekleidete Figur (beim Dome) sei Cimabue.
Cavalcaselle geht ohne weitere Erklärung an diesem Bilde vorüber, das, 0b
sienesisch oder florentinisch, nur ein Schulstück zweiten Ranges bleibe und
als Kunstschöpfung jedenfalls das ihm oft gespendete Lob nicht verdiene.
Schnaase hatte (1876, VII 444) viel richtiger als Vasari bemerkt, der eigent-
liche Gegenstand sei doch auch hier wieder die Verherrlichung des Domini-
canerordens, der hier in seiner praktischen Bedeutung für die Kirche vor-
geführt werde. Es war kein Fortschritt, dass auch die neueste Auflage von
Burckhardts Oicerone (7III 584) wieder auf die ,streitende und triumphirende
Kirche' zurückgriff. Inzwischen hatte Hettner (1879) geglaubt eine grosse
Entdeckung gemacht zu haben, die indessen dadurch nicht an Werth ge-
wonnen hat, dass die meisten Kunsthistoriker sie unbesehen nachschrieben.
Er sieht in dem Bilde des Thomas die Darstellung der Kirchenlehre, hier die
des Kirchenregimentes und findet diese ganze Darstellung nach dem Connnentar
des hl. Thomas zum Hohenliede gebildet. Demgemass sieht er in der obern
Partie die triumphirende, unten die streitende Kirche; in der mittlern Scene
rechts vom Beschauer nicht mit Vzlsari die Jaiaceri e rliletti vanz", sondern
den hortus conclzeszas des Hohenliedes (4, 12) als den Sitz der vita conteln-
plativai, in der Darstellung der Lust nicht diese selbst, sondern die vwzoi-tifi-
catio cavrnis.
Dass ein so geistvoller und gelehrter Forscher auf solche Abwege in der
Interpretation gerathen konnte, zeigt, dass gelegentliche Lesefrüchte, die
dem Suchenden zufällig in die Hände fallen, nicht hinreichen, um die Probleme
der christlichen Kunstgeschichte zu lösen, deren Erklärung denn doch eine
völlige Vertrautheit mit dem theologischen Denken des Mittelalters und der
kirchlichen Auffassung erheischt. Hettners Interpretation ist als ein ganz-
lieh verunglücktes Missverständniss im ganzen und in allen ihren Einzelheiten
abzuweisen. Vielmehr muss gesagt werden, dass, wie an der Westwand der
vorzüglichste Lehrer des Ordens, so hier der Orden selbst gefeiert wird: sein
ganzer Antheil an dem Werke der Kirche auf Erden, d. i. an der Führung
der Menschheit zur Seligkeit, wird hier vorgeführt. Dies Werk vollzieht sich
im wesentlichen, soweit die Dominicaner dabei betheiligt sind, in der Ver-
kündigung und Reinerhaltung des Glaubens, in der Bekehrung der in Welt-
lust versunkenen Menschheit und deren Hingeleitung zum Paradies. Das
entspricht auch vollkommen dem Lebensgang des hl. Dominicus und der
Mission, Welche er sich zuschrieb. Im Vordergrund all seines Thuns stand
die Erinnerung an das Gesicht in der Basilika von S. Peter: in seinem Ohr
klang stets das Wort der Apostel wieder: gehe und predige! Dementsprechend
nimmt in unserm Gemälde rechts vom Beschauer die Predigt und Schrift-
erklärung des hl. Dominicus die erste und das Ganze einleitende Stelle ein.
Man sieht ihn den mit der Heiligen Schrift hantirenden Ketzern die aufge-
schlagene Bibel mit der rechtgläubigen Erklärung entgegenhalten. Eine
zweite Scene schildert uns eine Disputation des Heiligen mit den Juden und
Mauren, die durch ihren hohen Kopfputz und ihre Physiognomien cl1arakteri-
sirt sind. Sowol von den Ketzern als von den Juden wenden sich einige,
ohne das Heil anzunehmen, ab oder halten sich die Ohren zu. Die Scene
erinnert an die grosse Disputation, welche Dominicus in dem Palast des Papstes"
vor einem ausgesuchten Auditorium abhielt, indem er die Briefe des hl. Paulus
erklärte. Mit der folgenden grossen Scene eröffnet sich die zweite Haupt-