Drittes
einer festen Methode geleitet zu sein. Bosio besass eine für seine Zeit sehr
beachtenswerthe Belesenheit in der altchristlichen Litteratur; aber diese seine
Zeit benutzte noch manche Schriftstücke als echte Erzeugnisse der ersten
Jahrhunderte, über deren spätere Abfassung heute kein Zweifel mehr waltet.
War auf diese Weise die litterarische Unterlage noch unsicher, so war auch
sein Verfahren in der Bildererklärung vielfach rein eklektisch und willkürlich.
Dass man die Schriftsteller des christlichen Alterthums zur Erklärung der
Bildwerke der Katakomben heranziehen müsse, war ein richtiger Grundsatz;
aber vielfach gefehlt wurde darin, dass man Schriftsteller sehr verschiedener
Zeiten und Orte zur Erklärung eines Bildwerkes anzog, das doch nur aus
der es umgebenden Atmosphäre zu beleuchten war. Und andererseits hatte
die von den Alexandrinern auf die Abendländer übergegangene allegorische
Schriftauslegung vielfach zu der Manie geführt, bestimmten Texten und Vor-
stellungen einen mehrfachen allegorischen Sinn unterzuschieben. Nicht jeder
Einfall dieser allegorischen Spielerei hat ein Recht, zur Basis der Bilder-
erklärung gemacht zu werden; nur diejenige Allegorie oder Symbolik darf
als massgebend angesehen werden, welche, der Gemeinde geläufig und ins
Bewusstsein derselben eingetreten, ein Stück ihrer Allen verständlichen Bilder-
sprache bildete. Unter den Händen von B0sio's Nachfolgern verschlechterte
sich in dieser Hinsicht die Interpretation eher, als dass sie sich verbesserte:
das zeigen nicht bloss gewisse populäre Werke über die Katakomben, wie
diejenigen Gaume's und Otts, sondern selbst die gelehrte Forschung, wie die
von P. Garrucci vertretene Richtung, war von Ausschreitungen nach dieser
Seite nicht freizusprechen. Zum guten Theil hingen dieselben mit der eben-
falls seit Bosio in den katholischen Kreisen feststehenden Ansicht zusammen,
dass der Zweck der bildlichen Darstellungen in der Katakombenkunst ein
lehrhafter gewesen sei und dass die kirchliche Lehre daher in derselben eine
wesentliche Unterstützung empfange. Wir werden sehen, was an dieser Vor-
stellung Wahres ist. Schon jetzt aber muss hervorgehoben werden, wie sehr
die Fehler und Einseitigkeiten bei gewissen Vertretern der römisch-traditio-
nellen Auffassung gegnerischerseits übertrieben und wie unrichtig dieselben
auf Alle ausgedehnt wurden, welche im allgemeinen auf dem Boden jener
Anschauungen stehen. Jedenfalls hat de Rossi diese Fehler und Einseitig-
keiten im allgemeinen streng vermieden, und sicher hat auch der Verfasser
dieses Werkes sich stets gegen Extravaganzen, wie sie soeben hervorgehoben
wurden, zu verwahren gewusst.
am Innerhalb der katholischen Kreise selbst hat Edmond Le Blant, der hoch-
"mtm verdiente Herausgeber der christlichen Inschriften und Sarkophage Galliens,
zuerst und am energischesten auf die Bedenken hingewiesen, welchesich bei
der bis dahin geübten lnterpretationsmethode herausstellten 1. Er leugnet
nicht, dass ein Theil der altchristlichen Bildwerke symbolisch aufzufassen ist.
Noe in seiner Arche als Bild des durch den göttlichen Schutz geretteten
Gläubigen; der Fisch als Bild des Erlösers; Petrus dem Moses, welcher an
den Felsen schlägt, substituirt; das Lamm als Sinnbild Christi; Susanna
zwischen zwei Wölfen und das von dem Herrn und seinen Jüngern geführte
Schiff: das sind auch ihm Darstellungen von unzweifelhaft symbolischem Cha-
rakter. Zunächst aber erscheint ihm unzulässig, auf Grund eines Zeugnisses
1 L1: BLANT Etude sur les sarcophages
chrätiens antiques de 1a ville d'Arles. Par.
p. vn s.
p. 223 ss.
1878. Intlrod.
archäol. 1879,
Desgl.
576 ss.
in
der Rev.