Altchrisbliglzga Magil
Nilus, der Schüler des hl. Chrysostomus (T ca. 450), erklärt sich zwar
nicht einverstanden mit dem Entwurf einer grossen und prachtvollen Kirche,
welcher ihm unterbreitet wird und deren Ausstattung ihm zu überladen
scheintl; aber er bestätigt wiederum, dass die Innenwände mit Scenen aus
dem Alten und Neuen Testament ausgemalt werden sollten. Augustinus
(l 430) hat sich anscheinend abschätzig über Bilder Christi und der Apostel
geäussert und auch die Verehrer von Gräbern und Gemälden einmal nicht
gerade gelobtz: aber sein Tadel richtet sich in erster Beziehung mehr auf
die historische Unzuverlässigkeit dieser Bilder, und an der zweiten Stelle gegen
die bei den Todesmählern und Agapen eingeschlichenen Missbräuche. Auf-
fallender ist die Bemerkung, es sei unpassend, Bilder in der Kirche auf-
zustellen, welche den Sohn zur Rechten des Vaters sitzend zeigen 3. Das
sind Anschauungen, welche sich wesentlich aus der Besorgniss erklären, solche
Vorstellungen der Trinität könnten nur zu leicht zu uncorrecteren Auffassungen
der christlichen Lehre führen. Das Factum der Bilderverwendung bestätigt
der grosse Kirchenlehrer im übrigen gleichfalls 4.
Diesen von den Vertheidigern des Kunsthasses der alten Christen bei-
gebrachten vereinzelten und aus subjectiven Gründen oder speciellen Ver-
anlassungen zu erklärenden Aeusserungen steht eine Wolke von patristischen
Zeugnissen gegenüber, welche den Gebrauch und auch den Cultus der Bilder
bezeugen 5. Auf manche derselben kommen wir im Verlaufe unserer Dar-
stellung zurück, da wo der lehrhafte Charakter der kirchlichen Kunst zu be-
sprechen ist. Hier sei nur dessen gedacht, was die vorconstantinische Zeit
anlangt. Die älteste und wichtigste Ausführung darüber, was Christen von
der Verwendung der Kunst zum Schmuck des Hauses und des Körpers zu
halten haben, gibt Clemens von Alexandrien. Er ist kein Feind der
Kunst; er erweist ihr alles Lob, aber er warnt vor der unrichtigen Anwen-
dung derselben. Sein Motto ist: Tfzrawsfaöru peu rälvy, w) rirrardnu ae röu
rlfvüprunou zbg dbjäeza 6. Wird die Kunst zur Entehrung Gottes angewandt, so
ist sie sündhaft, dagegen erscheint sie doch zulässig zur Erheiterung des
Lebens. Clemens erachtet demnach auch den Gebrauch geschnittener Steine
und kostbarer Ringe nicht als unerlaubt, insofern sie nicht aus Eitelkeit ge-
tragen werden. Freilich, sagt er 7, dürfe man an solchen keine idololatrische
Bilder (eidnjllruu nyuimurru), noch an die Kampfspiele und die Werke der Un-
1 NILI Epist. (ed. Lnon. ALLAT. Romae
1668) l. IV ep. 61.
2 AUGUST. De consens. evang. I 10: ,Sic
omnino errare meruerunt qui Christum et
apostolos eins non in sanctis codicibus, sed
in pictis parietibus quaesierunt. Nec mirum,
Si a pingentibus üngentes decepti suntf
De morib. Eccl. cath. I 34: ,Novi multos esse
Sepulcrorum et picturarum adoratoreä etc.
3 De Hde et symbolo c. 7: ,Tale enim
simulacrum Deo nefas est christiano in templo
collocare: multo magis in corde nefarium est,
ubi vere est templum Dei, si a terrena cupi-
(litate atque errore mundetur."
4 Contra Faustum XXII 73; Serm.
CCCXVII. An ersterer Stelle wird von der
Jzot l0cis' gemalten Scene des Opfers Isaaks
gesprochen. Die von Auensn (Beitr. zur
christl. Kunst-geseh. und Liturgik II [Lpz.
1841-1846] 108) aus ,De visitatione in-
firmorunf II 3 (Opp. t. VI, App. p. 257)
angezogene Beschreibung des Crucifixes ist
sicher unecht.
5 Eine Zusammenstellung dieser Zeugnisse
geben AUGUSTI in seinen Analekten aus
den Kirchenvätern (Beitr. I 103-146; II
21 i), KRAUS (Die Kunst bei den alten
Christen. Frankf. a. M. 1868), CL. LÜDTKE
(Die Bilderverehrung u. d. bildl. Darstell.
in den ersten christlichen Jahrhund. Freib.
1874).
6 CLEM. ALEX. Ad gent. (ed. Forum)
c. 51 sq. Cf. Strom. VI 816.
7 Paedag. II 12; III 11.