Buch.
Zehntes
betreffenden Culturträger gestützte Theorie von der successiven Herrschaft
einer Stein-, Bronce- und Eisenzeit ist, wenigstens für Mitteleuropa, wo nur
von einer Stein- und Metallzeit die Rede sein kann, durch Lindenschmits For-
schungen erheblich erschüttert werden. Für den Norden mag Undsets These
gelten, dass die erste Hälfte des jüngern Eisenalters etwa vom Jahr-
hundert reiche. Kunstgesehichtlich kommt es nicht sowol auf das Material
als auf die Formen an. Für die ganze Bronceproduction des Nordens besteht
aber, wie Montelius nachgewiesen, der Hauptschatz der Ornamentik in der
Spirale. Auf dem Festland herrscht sie im östlichen Europa von der Ostsee
bis nach Ungarn; in Deutschland und Frankreich wird sie selten gefunden,
dagegen ist sie wieder ein Hauptmotiv der irischen Ornamentik. Dazu kommt
in der germanisch-römischen Ornamentik eine stärkere Verwendung der
Thiermotive, die zum Theil den Römern abgesehen, zum Theil neu geschaffen
sind. Der Stil der Gothen in Ungarn hat auch das Pflanzenornament früh-
zeitig aufgenommen. Die merowingische Kunst charakterisirt sich durch zwei
Merkmale: die starke Verwendung des Zellenglasemails und eine be-
stimmte Form der Fibel. Ihre ältesten Hauptdocumente sind das 1653 auf-
gedeckte, zuerst von Chiflet, in unserer Zeit von Cochet u. A. beschrie-
bene Grab des 481 verstorbenen Königs Ohilderich zu Tournay und das
1842 in Pouen bei Arcis-sur-Aube gefundene Grab (ob des 451 auf den
catalaunischen Gefilden gefallenen Gothenkönigs Theoderich Dann kommen,
schon aus der christlichen Zeit, die Goldschmiedearbeiten, welche sich durch
die bereits erwähnten, den Monzaer Kronen durchaus nahestehenden Kronen
in Paris und Madrid mit den Namen der Gothenkönige Raccesvinthus (T 672)
und Svinthila (1- 631) einleiten. Das sind Erzeugnisse einer höfischen Gold-
schmiedekunst, welche zwischem dem Jahrhundert bei Franken, Lange-
barden und Westgothen in Technik und Ornamentik die gleiche ist. Im
Frankenreiche erscheint ein geistlicher Künstler, der hl. Eli gius, Bischof
von Noyon (588-659), an der Spitze dieser Kunst. Sein Hauptwerk war
der uns nur in der Abbildung du Saussayes von 1561 erhaltene, 1792 ein-
geschmolzene Kelch von Chelles, den dieses Kloster 622 von der Königin
Bathilde als Geschenk erhielt (s. Fig. 406)1. Man bemerkt hier das specifisch
fränkische netzartige Filigran, das in Schachbrettmusterung mit Zellenglas
ausgefüllt ist, daneben Kreis, Dreieck, Rauten, die dieser Kunst eigenen
Motive. Es wird von Clemen nicht mit Unrecht betont, dass es auch hier
die Kirche ist, welche der Kunst wahrhaft monumentale Aufgaben stellt.
Unter den diesem bischöflichen Goldschmied zugefallenen Auftragen waren
die Tümba des hl. Martin in Tours, das Grab der hl. Genovefa in Paris, das
des hl. Dionysius in S.-Denis die vornehmsten; dazu kam eine Menge anderer
durch den Schmuck kostbarer Steine und edlen Metalles ausgezeichneter Grab-
denkmäler, welche sämmtlich dem Vandalismus der französischen Revolution
1793 zum Opfer fielen. An dem noch erhaltenen Thronsessel König Da-
goberts ist wenigstens die Rücklehne eine Arbeit der Zeit Sugers. Eine
Vorstellung von den Leistungen der merowingisehen Goldschmiedekunst ge-
winnen wir jetzt nur mehr durch die uns in einigen Kirehenschätzen (S-Mau-
rice in Waadtland, Poitiers, Conques, Sens, Emmerich, Arles) erhaltenen
Reliquienkästchen.
1 Vgl. CH. m: Lnus Les
Eloi et 1a verroterie cloisonnäe.
oeuvres de
Paris 1864.
Rev. de Part chröt. -VIII 113, und die von
CLEMEN a. a. O. S. 33 angeführte Litteratur.