Erste
der Kunsiiß
Ansätze
den nordischen Völkeg
Küsten, den Lagunen Venedigs, dem Exarchat von Ravenna, Roms, Neapels,
Calabriens, Apuliens, der Inseln. Die Mischung der Eroberer und der Ein-
geborenen, obgleich durch die katholische Königin eingeleitet, liess lange auf
sich warten und ward erst zur Thatsache, nachdem Karl d. Gr. (773-774)
Lateiner wie Langobarden sich unterworfen hatte. Das lateinische Element
hat von da ab das langobardische allmählich aufgesaugt; aber doch hat letzteres
stärkere Spuren, als man vielfach annahm, auch auf dem Gebiete der Kunst
hinterlassen 1.
Die frühere Annahme vom Bestand einer einheimischen langobardischen
Kunst in den Tagen der Königin Theodelinde ist durch die neueste Forschung
sehr erschüttert worden. Die Beweisstücke, auf welche man sich dafür be-
rief (wie das Tympanum am Dome zu Monza, die Henne mit den sieben
Küchlein aus vergoldetem Silber), erwiesen sich zum Theil als Werke des
13. Jahrhunderts. Was sonst aus der Zeit dieser Königin stammt, wird (ab-
gesehen von dem kleinen Medaillen mit dem Monogramm Christi an der
Facade des Monzaer Domes) auf byzantinische Künstler zurückgeführt; freilich
nicht einstimmig, denn die Kronen im Schatze zu Monza (erhalten ist Schatz zu
die der Theodelinde und war es bis 1799 auch die des Agilulf, aus getriebenem Momt
Goldblech mit Steinen en. cabochon) leiten jene Gruppe von Votivkronen des
6. bis 9. Jahrhunderts ein, deren glanzendste Vertreterinnen diejenigen aus
dem Schatze von Guarrazer im Musee Cluny zu Paris und in der Armeria
Real zu Madrid sind und zu denen nun noch die zweifelhafte goldene Krone
im Schatz des Cavaliere Rossi in Rom kommt: alles Werke, die gleich der
Decke des Evangeliars zu Monza in ihrem Ornament die grösste Verwandt-
schaft mit den merowingischen Arbeiten haben 2.
Das gleiche gilt im allgemeinen von den Schmucksachen, Welche in
langobardischen Gräberfeldern gefunden Wurden (Civezzano, Testona u. s. f.)
1 Ueber die Frage, 0b und inwieweit die
Langobarden einen eigenen Stil, namentlich in
der Architektur gehabt, schwankten die An-
sichten lange, hauptsächlich infolge der unrich-
tigen Datirung zahlreicher Bauwerke, welche
man statt dem 11. und späteren Jahrhunderten
der Zeit zwischen 500-1000 zuschrieb, ein
Irrthum, der sich auch in OSK. Mornrfs
Baukunst des Mittelalters in Italien (Jena
1882-1884) wiederholt. Selbst ein RUSKIN
lässt S. Michele in Pavia noch im 7. Jahrhun-
dert entstehen. CORDERO (Dell' italiana archi-
tettura durante 1a dominazione Longobardica.
Brescia 1829) erschütterte zuerst diese An-
nahme, ohne sich freilich auf eine hinreichende
Stil-kritische Analyse stützen zu können. F. DE
DARTEIN (Etude sur Tarchitecture lombarde)
legte stärkeres Gewicht auf eine ältere selbstän-
dige Entwicklung der langobardischen Kunst,
welcher F. OsTnN (Die Bauwerke in der
Lombardei vom 7.-14. Jahrhundert. 1846)
eine Mittelstellung zwischen der altchrist-
liehen und romanischen zugeschrieben hatte.
ln neuester Zeit hat RAFFAELE CATTANEO die
in Betracht kommenden Denkmäler am
fleissigsten untersucht und zusammengestellt
Kraus, Geschichte der cllristl. Kunst. I.
(Uarchitettura; in Italia dal sec. VI al mille
circa, Ven. 1889; französische Uebersetzung
von LEMoNNIER: Uarchitecture en Italie du
VIe au XP siecle, Ven. 1889, nach welcher
hier citirt wird). Cattaneo folgt den Spuren
Corderds und Labartds, indem er einen
sehen und endlich einen italo-byzantinischen
Stil annimmt, wobei er das in dem Formen-
vorratli der alten Kunst Italiens nicht Ent-
haltene einfach byzantinisch nennt. Sehr
richtig hat Strzygowvski schon bemerkt, dass
er sein Buch viel besser nach dem von ihm
stets gemiedenen Namen der langobardischen
Eroberer genannt hätte. Die beste Kritik
des gesammten Materials und die klarste
Einsicht in die Entwicklung der langobardi-
sehen Kunst hat bis jetzt MAX Ge. ZIMMERMANN
gegeben (Die Spuren der Longobarden in der
italienischen Plastik des ersten Jahrtausends.
Allgem. Zeitung 1894, Beil. zu Nr. 232 u. 233),
dem ich hier im wesentlichen folge. An-
gekündigt: E. A. STICKELBERG Die longobar-
dische Plastik. Zürich 1896.
2 Vgl. dazu P. CLEMEN Merowingische und
karolingische Plastik (B. J. XCIL 1892 8.281").
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