Jlie byzantinische Kunst.
Zellensehmelz mit dem transluciden Email eng verbunden war. Als früheste
Denkmäler des letztern nennt er das Paliotto (den Hochaltar) der Kirche
S. Ambrogio in Mailand, die eiserne Krone in Monza, das Kreuz Hope's, das
Muttergottesbild von Chaehuli, zwei Evangelienbuchdeekel in der Bibliothek
des Dogenpalastes und in S. Marco, gewisse Details der Nimben u. s. f. an
der Pala dioro zu Venedig, u. s. W. Ueberall finden wir da durchsichtige
Töne, smaragdgrüne, türkisblaue, zimtbraune, solche mit purpurnem Schimmer.
Zu Anfang des 10. Jahrhunderts erreicht die Emailkunst in Byzanz durch
Aneignung aller Kunstgriffe in Farben und Tönen die höchste Ausbildung.
Die hier zur Verwendung kommende Technik hat uns ein abendländischer
Schriftsteller, der wahrscheinlich zu Ende des 11. oder Anfang des 12. Jahr-
hunderts lebende Mönch T heophilus, in seiner ,Diversarum artium schedula'
erhalten 1. Sie ist im übrigen an der Hand der Monumente durch Kondakolf
klar gelegt. Das Ergebniss der Untersuchung dieser Technik fasst dieser beste
Kenner des Gegenstandes in den Worten zusammen: ,ln Uebereinstimmung mit
dem Charakter des Zellenemails, das eine der decorativen Arten der Malerei
darstellt, zeichnen auch ihre künstlerische Manier in besserer Zeit Prunkhaftig-
keit, gesuchte wunderliche Linien und gemusterte Zeichnung menschlicher Fi-
guren aus. Der Hauptmangel des Emailstils besteht darin, dass der Glanz der
Goldstege auf dunkelm Grunde Schatten unmöglich macht und daher von einer
Modellirung oder einem Relief der Figuren keine Rede sein kann; und anderer-
seits entsteht durch Vermehrung der Stege eben jene schematische Sehraffirung
der Gewänder, die in Miniaturen ein Hauptmerkmal der byzantinischen Kunst
des 11. Jahrhunderts bildet. Dagegen besteht der eigentliche Werth byzan-
tinischer Emails in ihrer ziusserordentlich harmonischen Farbengebung und
in der geradezu idealen Reinheit der Tinten." Sehr bemerkenswerth ist die
Einwirkung dieser Emails auf die Handschriftenillustration der macedonischen
Epoche. Kondakoff will weniger die Ausführung der Zeichnung mit Farben
oder zuweilen auch mit der Feder auf Goldgrund auf diesen Einfluss zurück-
führen, sondern betont mehr die Beeinflussung des allgemeinen Typus der
Miniaturen des 10.-11. Jahrhunderts durch die Emailtechnik. Begegnen wir
da doch dem gleichen decorativen Gesammtcharakter in der Wiedergabe der
Farbe ohne Modellirung auf Gewändern, einer conventionellen Schrafürung
der Falten durch ein Netz von Goldlinien, welche als goldene Lichter die ein-
farbige Oberfläche beleben sollen. Ebenso finden wir die hellblaue Einfassung
der Ornamente wieder, die als Nachahmung der Emailmanier gelten kannf
Zu den glanzendsten Erzeugnissen dieses Kunstzweiges gehören die der Die Emails
ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts, also noch der Blütezeit der byzantinischen 23:05,3
Emaillirkunst, angehörenden Schmelzwerke der Sammlung Alexander Yodskoi-
W. von Swenigorodskoi (S. Petersburg), welche einst den Schmuck einer
nicht mehr existirenden Bildtafel (Ikone) des Erzengels Gabriel in der alten
Kirche des Klosters Dshumati in Georgien bildeten. Ein Theil der haupt-
sächlich die Umrahmung dieser Ikone einst zierenden Medaillons ist jetzt
verloren gegangen; erhalten sind die Medaillons Christi, der Muttergottes
und Johannes des Täufers (die zusammen die sogen. Deesis bilden), der
hll. Petrus und Paulus, die der Evangelisten und der hll. Georg, Denietrius
und Theodor Tyron (Vgl. Fig. 443). Der glückliche Eigenthümer dieser in ihrer
Art einzig dastehenden Sammlung hat sich durch die bewunderungswürdlge
Herausgegeben von Im
EITELBERGERS
VII
Quellensc-hriften
(Wien
1874)
43 f.