Volltext: Die hellenistisch-römische Kunst der alten Christen, die byzantinische Kunst, Anfänge der Kunst bei den Völkern des Nordens (Bd. 1)

Wläiüyäamiäähä. 
Auch Kondakoff (II 169) muss zugestehen, dass es schwer ist, etwas Dif- 
formeres und Gröberes zu begegnen als die byzantinischen Kunsterzeugnisse 
der letzten Periode. Ein ungebildeter Mysticismus, der den Ekel am Leben 
mit dem orientalischen Fatalismus verbindet, eine abergläubische, überreizte, 
durch die Einflüsse der Astrologie und Dämonologie erhitzte Phantasie bilden 
die Grundlage dieser Kunst, wenn man noch von einer solchen sprechen darf. 
Ihre eigentliche Fortsetzung, meint dann Kondakoff schliesslich (II 179), habe 
die byzantinische Miniatur in der Buchmalerei des Abendlandes erfahren. Der 
byzantinischen Kunst überhaupt aber müsse man das unermessliche Verdienst 
zusprechen, unter den (Zivilisationen des Mittelalters das Erbe der Antike am 
treuesten bewahrt und dann wieder zu der Wiedergeburt der christlichen Kunst 
am mächtigsten beigetragen zu haben. Endlich sei ihr nachzurühmen, dass 
sie, theils allein theils in Verbindung mit anderen Bildungselementen, bis zu 
diesem Tag nicht aufgehört habe, im Umkreise und Innern der griechischen 
Kirche und Russlands in Tausenden von Vertretern und Millionen von Gläu- 
bigen zu Wirken. 
Hatte Kondakoff sich in seinem Hauptwerke fast ausschliesslich mit der 
Entwicklung der Miniaturmalerei beschäftigt, so wandte Ch. Bayet seine ver- Bßtvets 
dienstvollen Untersuchungen wesentlich der Architektur, Sculptur und den 
Mosaiken der vorjustinianischen Zeit zu, durchdrungen von der Ueberzeugung, 
dass in ihr die christliche Kunst des Alterthums ihren Höhepunkt erreichte 
und das allgemeine Urteil über den Byzantinismus auch des Mittelalters 
einem günstigern zu weichen habe 1. Aehnlich sah auch E. Müntz die Dinge Münfv) 
an 2. Zu anderen Ergebnissen gelangte Anton Springer, der, abgesehen von Springers 
seinen später zu besprechenden Arbeiten über die Einwirkung der byzantini- 
schen Buchmalerei auf das Abendland, sich zu wiederholten Malen über den 
in Rede stehenden Gegenstand geäussert hat 3. Er legt zunächst dagegen 
Verwahrung ein, dass man die Anfänge der byzantinischen Kunst zu früh, 
vor Justinian, ansetze, und tritt dafür ein, dass die Kunst des gesainmten 
christlichen Alterthums bis zum 6. bezw. 7. Jahrhundert eine bei allen localen 
Nuancen einheitliche sei, wie das sowol der dem Orient wie Occident gemein- 
same Bautypus, weiter die Uebereinstimmung der in Rom und in Constan- 
tinopel gearbeiteten Consulardiptychen beweise. Wer während dieser Periode 
der gebende, wer der empfangende Theil gewesen, könne dabei freilich frag- 
lich erscheinen; manches spreche für den griechischen Orient und Ostrom 
als den gebenden Theil. Erst nach der Regierung Justinians (mit dem 7. Jahr- 
hundert) erhob sich die Scheidewand. Das griechische Culturelement bewahrte, 
mehr als im Westen, hier im Osten wenigstens ausserlich eine gewisse Herr- 
schaft. Der Bilderstreit vernichtete zwar die oströmische Kunst nicht, drängte 
sie aber in eine dem Islam verwandte decorative Richtung. Die mit der Bilder- 
1 DUCHESNE et BAYET Möm. sur une 
missipn au Mont Athos. Paris 1876 (Bibl. 
des Ecoles Frangaises düthönes et de. Rome). 
 BAYET Recherches pour servir ä l'histoire 
de 1a sculpture chrät. cn Orient avant 1a 
querelle des iconoclastes. Paris 1879; L'art 
byzantin. Paris s. a. (Bibl. de Tlinseigneanent 
des Beaux-Arts), 
2 E. MüNTz Etudes sur Vhist. de In poin- 
ture et 11e- Piconogr. chröt. Paris 1882; 2 1836. 
3 A. SPRINGER L'art byzantin (in Hart. 
Hebd. 111. Paris. IX" anneie. III 57  dors. 
in der Einleitung zu Kommxorrs Hist. de 
Part byzantin I 1-26; Die byzant. Kunst 
und ihr Einfluss im Abendlande (Bilder 
aus der neuern Kunstgeschichte I [Bonn 
1886] 79 f); Grundzüge der Kunstgeschichte 
H3 (Leipzig 1888) 139-146; (Iers. in Ciütt. 
Gel. Anzeigen 1887, Nr. 7 (gegen VISCHER 
Stud. zur Kunstgeschichte. Stuttg. 1886).
	        
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