Volltext: Die hellenistisch-römische Kunst der alten Christen, die byzantinische Kunst, Anfänge der Kunst bei den Völkern des Nordens (Bd. 1)

Achtes Buch. 
Einband- 
decken. 
bildlichen Schmuck die Apsidalcompositionen, wie sie zu jener Zeit in den 
Basiliken Italiens und Africas auftreten. Auf dem Deckel steht zwischen 
zwei Candelabern auf dem Hügel, dem die vier Ströme des Lebens ent- 
fiiessen (quadrifluus amnis), ein Heiliger in Gestalt eines Orans; er hält eine 
Krone in den Händen, eine andere wird von oben herab, von der Hand 
Gottes, über sein (von keinem Nimbus umgebenes) Haupt gehalten. Der Kopf 
ist jugendlich bartlos. Die accessorischen Figuren mussten in Ansehung 
der Raumverhaltnisse weggelassen werden. Auf den Seitenliächen sieht man 
das Monogramm i über dem Felsen mit den vier Flüssen, an denen sich, 
mit den Vorderfüssen niederkniend, ein Hirsch und eine Hirschkuh laben; diese 
Scene ist von zwei Palmbäumen eingefasst. Sie stossen an zwei kleine, von 
je vier Säulen getragene Gebäude, aus welchen sechs Schafe hervorkommen; 
in ihrer Mitte steht das Lamm Gottes mit dem Kreuz auf dem Rücken. 
Zur selben Kategorie der Behälter wird man eine polygonale Pyxis aus 
Aquileja (mit dem Erlöser zwischen den Aposteln, ähnlich wie auf der Elfen- 
beinpyxis des Berliner Museums) und zwei kleine silberne Büchsen aus Grado 
rechnen dürfen 1. Die eine der letzteren, aus dem 6. Jahrhundert, stellt am 
Deckel das Kreuz zwischen zwei Lämmern, an den Seiten acht Medaillons 
mit der Büste Christi zwischen denen Petri und Pauli und zwei Palmbäumen, 
weiter eine weibliche und vier männliche Heilige dar. Vielleicht deutet die 
Anwesenheit der Palmen auch auf africanischen Ursprung. Die zweite, etwas 
jüngere Büchse hat ein Bild der Madonna mit Kind 2. 
Diesen Oapsellae verwandt sind die Areale testamenti, Kästen, in welchen 
die Evangeliarien, überhaupt der heilige Text verschlossen wurde, nicht 
minder die eigentlichen Einbanddecken. Schon Ambrosiusß gedenkt einer 
solchen mit Gold bedeckten Airca. Nach Cedrenus4 hätte Constantin d. Gr. 
der Laterankirche einen Evangeliencodex mit kostbarem Einband geschenkt; 
ein gleiches Geschenk an die Kirche zu Monza wird von der Königin Theo- 
delinde berichtet. Sicher ist, dass die Diptychen der altern Zeit im Mittel- 
alter mit Vorliebe zu derartigen Einbänden liturgischer Bücher verwendet 
Wurden; aber ungewiss ist, 0b die Herstellung irgend eines dieser Einbände 
noch über das 6. Jahrhundert hinaufreicht 5. Der Betrachtung der mittel- 
alterlichen Kunst müssen wir auch die Besprechung der Exultet-Rollen auf- 
sparen. 
Musikali-  Musikalische Instrumente werden in der altchristlichen Kunst selten 
"chilgyfä'u' dargestellt. Die Hirtenscenen der Coemeterialbilder zeigen manchmal die 
Hirtenflöte (Syrinx) in der Hand, am Arme oder im Munde des Pastor 
bonusß, vielleicht mit Anklang an Vorstellungen, wie sie bei Gregor von 
Nazianz7 zu Grunde liegen und denen gemass die Syrinx als Symbol der 
Milde des Hirten aufzufassen wäre. Nach dem Muster der Syrinx hatte 
bereits der Mechaniker Ktesibios die "Wasserorgel construirt 8, ein Instru- 
ment mit vielen Pfeifen von Bronce und Rohr, in welchem mittelst Wasser 
die Luftsäulen in Bewegung gesetzt wurden. Eine Beschreibung derselben 
1 SWOBODA in Röm. Quartalschrift 1866, 
S. 87.  
2 Bull. 1872, tav. 10-11.  GARRUCCI 
tav. 460. 
3 Ep. IV cl. 1. 
" Chron. zum Jahre 21 Const. 
5 Vg]. Real-Encykl. I 454. 
6 Ebd. II 816. 
7 Or. I 28. 43.  
R Anmn. Deipnosoph. IV 26.
	        
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