Eißleiälßs:
Während Gally Knight den Kirchen Italiens eine ausgiebige Darstellung
Widmete1, Muir, Drunimond, Dunraven die altschottisclie und irische
Architektur, G. Stephens, John Stuart, Arthur Mitchell, Jos. Ander-
son die Steinkreuze der beiden Reiche, George Petrie und Miss Stokes
die altirisclien Inschriften, zwei andere Damen, Luisc Twining und Mrs.
J ameson, die Ikonograpliio bearbeiteten.
In Deutschland hatte, wie wir gesehen, die romantische Bewegung die In {Lissab-
Denkmäler des Mittelalters frühzeitig ins Auge gefasst. Hatte die franzö-
sische Invasion mit der Aufhebung zahlreicher Klöster in den Rheinlandßll
die Zerstreuung und Zerstörung zahlreicher Monumente bedingt, so Waren
die Wallraf, Boisseree, Görres u. a. doch emsig bemüht gewesen, zu
erhalten, was sich erhalten liess. Die Boissereesche Gemäldesammlung bot
neben dem von Wallraf begründeten Kölner Museum ein liochwiclitiges Mate-
rial zum Studium jener alten kölnischen und niederländischen Malerscliulen, von
denen das 18. Jahrhundert fast auch jede Notiz verloren hatte. Noch ein-
schlagender wirkte das Studium der Baudenkmäler. Sulpiz Boisseree's
Werk über den Kölner Dom verfehlte seine tiefe Wirkung auch bei Goethe
nicht; Görres proclamirte den Ausbau dieser vom Mittelalter als Torso
girpckgplaisenen grossartigsten Schöpfung der Gothik als eine Forderung des
189412051339 ulzils 511d als die Krönung der glorreichen Erhebung von 1813 bis
tiker äuf äS eiuhsche Volk gab dazu seinen Segen und so konnte der Roman-
t eni rone, Konig Friedrich Wilhelm IV, im Jahre 1842 den Grund-
S 6111 Ausbau dieses Symbols deutscher Kunst und deutscher Macht legen.
Der Kolner Dombauhütte verdankt das Vaterland eine weitgreifende und um-
gestaltende Einwirkung auf die Welt der Architekten; von hier aus ver-
breitetesicli Kenntiiiss und Liebe des nationalen Stiles weit über die Rhein-
lande hinaus, hier bildeten sich die grossen Baumeister, die theils als Theo-
retiker (Ungewitter) theils als Praktiker die Geheimnisse der alten Jialen
Gerechtigkeiü erneuerten und deren edelsten, Fr. V. Schmidt, wir erst
vor wenigen Jahren scheiden sahen (T 1890). In dem Herzen der Rhein-
länder hat diese Repristination tiefe Wurzeln geschlagen und eine reiche
Litteratur hervorgetrieben. Niemand ist eifriger für sie eingetreten als August
Reichensperger (geb. 1808)3, dessen unvergleichliche Verdienste um
die Wiederbelebung der Gothik und um das tiefere Studium ihrer Formen
und ihrer Geschichte auch von Denen nicht verkannt werden dürfen, welche
seine Bevorzugung der Gotliik einseitig und seine tiefe Abneigung gegen alles,
Was Renaissance liiess, als unwissenschaftlich erklären. Wir kommen später
auf die Frage zurück, wer in diesem Streite recht hat, einer Oontroverse,
die auch bis in die neueste Gegenwart ihre Bedeutung bewahrt hat und in
der wir die hochverdienten Forscher Friedrich Schneider in Mainz und
J oh. Graue in Graz als Vertreter der gegentheiligen Ansicht finden.
Es wäre ungerecht, zu leugnen, dass auch innerhalb der protestantischen
Confession Verständniss und Begeisterung für die nationale, christlich-ger-
manische Kunst nunmehr platzgegriffen und schöne Früchte gezeitigt habe.
1 GALLY KNIGHT The Eoclesiastical Archi-
tecture of Italy. Lond. 1842.
2 Zunächst im Rhein. Merkur, 1814 (Ges.
Sehr. I, 2, 194), dann in: Der Dom von Cöln
und das Münster in Strassburg. Regensb. 1842.
ß AUG. REICHENSPERGER Die christL-genn.
Baukunst. 1852; Fingerzeige auf dem Ge-
biete der christlichen Kunst. 1854. Verm.
Schriften über christliche Kunst. 1856; A. Pu-
gin. 1877; u. a.