__Die Bildercyklen
vierten,
Mfüßäßa
sechsten
Jahrhunderts.
tinische gemalte Buch ist nicht byzantinisch. Das Urteil Woltmanns stimmt
hier vollständig mit dem meinen. ,Der Stilß sagt er (I 186), ,ist vollständig
antik, nur die Faltenwurf-Motive sind zum Theil zu kleinlichf Sehr bemerkens-
werth ist das vierte Bild, wo die Personification der naturwissenschaftlichen
Spürkraft (der söpsaeg) in goldener Tunica und rothem Mantel vor Dioskorides
erscheint, dem sie die sagenhafte Mandragora (den Alraun), die menschen-
ähnliche Wurzel, verhalt; unten fallt der Hund, der sie hervorgescharrt, ent-
sprechend dem Mythus todt hin 1. Aeusserst geschickt sind die Pflanzen
gemalt, deren Abbildung auf vorzüglicher Beobachtung der Natur beruht;
auch die Käfer, Vögel und anderes Gethier sind lobenswerth, wenn auch
weniger meisterhaft. Gewiss ist der Künstler, der diese Pflanzen und das
Dedicationsbild geschaffen, ein Mann von sicherer und fester Hand, eine ihrer
Kraft bewusste Persönlichkeit gewesen, welche hier klarer, als es in irgend
einem andern Werk vor uns liegt, das Erbe der Antike gehandhabt hat.
,Das Nachleben der classischen Kunst in altchristlicher Zeit ist in keinem er-
haltenen Werke der Malerei so nachweisbar wie in diesem?
Seltsamerweise hat Woltmann ein anderes Werk gänzlich übersehen,
welches sofort in diesem Zusammenhang zu nennen ist und das uns allerdings
erst durch die Publication Garruccfs und die eingehende Veröffentlichung Kon-
dakoffs näher gebracht ist. Es ist der Cosmas Indicopleustes der vati- Cosinas
canischen Bibliothek (Gr. 699) mit seinen 54 Miniaturen, von Welchem die Lau-
renziana in Florenz eine Abschrift besitzt (Plut. IX 28) 3. Im allgemeinen setzte
man die Entstehung des Vaticanus ins 9. Jahrhundert, doch nahm Montfaucon
an, dass demselben als Original eine Handschrift des ö. Jahrhunderts, etwa
gleichzeitig der Lebenszeit des Verfassers (ca. 586-547), zu Grunde gelegen
habe. Demgemäss haben Einige den Vaticanus hinsichtlich der Composition, und
nur dieser, als Copie erklärt, Andere lassen in ihm alles copirt sein. Kon-
dakoff dagegen sieht in ihm das bedeutendste Denkmal einer bereits determi-
nirten Periode und, mit einem Wort, die hervorragendste illustrirte Handschrift
der byzantinischen Kunst. Er ist also weit entfernt, das ungünstige Urteil
zu billigen, Welches sowol d'Agincourt als Unger über die Handschrift ge-
fällt haben. Namentlich findet Letzterer die Zeichnung nachlässig, die Be-
handlung rein deeorativ. Schnaase beschränkt sich darauf, zu constatiren,
dass auch hier ,neben steifen Gestalten und bizarren Anordnungen noch lebens-
volle, ganz im antiken Geiste componirte Scenen vorkommen". Kondakoff
betont sehr energisch den in der Handschrift uns entgegentretenden Paral-
lelismus des Alten und Neuen Testamentes und glaubt in ihm jene auf Ale-
xandrien (die Heimat und den Wohnort des Cosmas) zurückweisende Tendenz
vertreten zu sehen, welche eine Versöhnung des Ohristenthums und des Juden-
thums anstrebte. Er weist auch auf die Verwandtschaft des Stils mit dem
Josua-Rotulus hin; doch schreibt er ihm starker ausgeprägten Byzantinismus
1 Vgl. zu diesen Bildern O. JAHN in Ab-
handlungen der sächsischen Gesellschaft der
Wissenschaften V 301. BRÜNN in RITSCIILS
Opuso. III 576. Man weiss aus MACGHIA-
VELLIVS Komödie, wie lange die Fabel von
der Mandragora populär blieb.
2 WOLTMANN a. a. O. I 187.
3 NIGOL. ALEMANNI (De Lateran. pariet.
[Romae] talo. 7 [PLmx IX 28]) hat zuerst eine
Probe aus dem Manuscript mitgetheilt, Mom-
FAUGON (C011. nov. PP. et SS., 1706) es
zuerst beschrieben, DYAGINCOURT (1. c. pl. 84)
mehrere Miniaturen abgebildet. Die ganze
Serie gab zuerst GARRUCGI zu III 70 sgg.,
tav. 141-153. Vgl. dazu FABRIGIUS Bibl.
graec. IV 251. SCHNAASE a. a. O. III 239.
UNGER in Enscu und GRUBERS Encyklopädie
LXXX1V441. KONDAKOFF 1. c. I 136 ss.