sechsten
fünfigri
des vierten,
Die Bildercyklen
Jihrhundefi.
antiken Welt unter dem Anhauch des in Constantin plötzlich sieghaft ge-
wordenen Christenthums noch einmal eine Regeneration erfahren hat, die sie
in den Stand setzte, die so hocherfreuliche Nachblüte griechisch-römischer Kunst
zu erzeugen. Es ist das Wehen des nämlichen Geistes, der hier gewirkt
und der der dahinsterbenden römischen Litteratur noch einen Prudentius und
Augnstinus geschenkt hat.
Es erübrigt uns noch, einen Zweig altchristlicher Malerei zu bGSpTGChGlLAniänge .191-
welcher erst durch die Forschungen der letzten Jahre uns näher bekannt "hläjläfte"
und dessen Bedeutung früher gänzlich übersehen wurde. Es handelt sich um Malerei.
die Anfänge der christlichen Buchmalerei, die später im karo-
lingischen Zeitalter einen so grossartigen Aufschwung nehmen und viele Jahr-
hunderte hindurch bis tief in die Zeiten der Renaissance hinein das Entzücken
der gebildeten Welt und eine nicht versiegende Quelle der Belehrung wie des
Genusses bilden sollte 1.
Der älteste Schmuck, den Handschriften des römischen Alterthums
an sich getragen, wird in dem Aufwand eines kostbaren Materials bestanden
haben. Man schenkte durch Geburt oder Stellung hervorragenden Personen
Bücher, welche mit Gold- oder Silberschrift auf mit Purpur gefärbtes Per-
gament geschrieben waren. Derart war die älteste Handschrift, von deren
Ausschmückung wir Kunde haben: als der jüngere Maximin zur Schule kam,
schenkte ihm eine verwandte Dame den Homer, mit goldenen Buchstaben
auf Purpurpergament geschrieben 2. Die Bestimmung solcher Codices als
Kinderbücher erklärt es, wenn z. B. in dem Ood. Vatic. 3867 die Schrift des
Virgil in affectirter Weise den Unterschied der starken und dünnen Striche
aufweist, wenn die Illustration dieses Virgil sich in roher, kindischer Weise
dem kindlichen Verständniss anbequemt. Dass vornehme und reiche Frauen
dergleichen schön geschmückte Handschriften bald als Modesache für sich in
Anspruch nahmen, bestätigt uns der Tadel des hl. Hieronymus. Wie lange
die Mode anhielt, zeigt uns noch der um 500 für Iuliana Anicia geschriebene
und ausgemalte Dioskorides. Was aber dem Aufschwung der Buchmalerei
vor allem zu statten kam, war der Umstand, dass der Codex das Volumen,
in welchem Malereien schwer anzubringen und noch schwerer zu erhalten
waren, allmählich verdrängte. Birt hat darauf hingewiesen, dass dieser
Process sich zunächst an denjenigen Erzeugnissen der Litteratur vollzog, welche
als Nachschlagwerke dienten, also vorab den Rechtshandbüchern und den
heiligen Schriften der Christen 3. Wie die frühesten, von christlicher Hand mit
Malerei geschmückten Codices ausgesehen, war früher völlig ungewiss; jetzt
sind Wenigstens zwei gemalte Bücher, wenn auch nur aus späteren Nach-
' GARRUGCI hat die Denkmäler dieses
Kunstzweiges sehr unvollständig im dritten
Bande der ,Storia', tav.112-153 u. 157-167,
zusammengestellt. Es kommen dann ausser
äen zu erwähnenden Specialabhandlungen
namentlich in Betracht KONDAKOFF Hist. de
Part byzantin. 2 vols. Paris 1886ü1891,
und H. BORDIER. Description des peintures
et autres ornements contenus dans les ma-
nuscrits grecs de 1a Bibliotbeque Nationale.
Paris 1883. LABARTE l. c. 1 vol. III; 211
157 ss. Ganz unbefriedigend sind die
wenigen Seiten bei Onown und CAVALCASELLE
(deutsche Ausgabe I 34 E), besser die Aus-
führungen WoLTMANNs (Geschichte der Ma-
lerei I 181 f.) und jetzt diejenigen PERATifs
(1. c. p. 268
2 CAPITOLIN. Max. II 30, 4.
3 THEOD. BIBT Das antike Buchwesen
(Berl. 1882) S. 104 f.