Bilderoyklen
vierten,
W22
sechsten
Jahrhunderts.
Felsbank der gute Hirte thront. Der Pastor honus auf dem Weideplatz
sitzend, nicht, wie in der altern Katakombenkunst, stehend und in der Tracht
des Volkes, ist zwar ein auch sonst auftretendes Sujet1. Aber in dieser Hoheit
und Grazie weist ihn kein anderes Werk auf. Der Nimbus, mit dem sein Haupt
hier umrahmt ist, die Kleidung, die an den Purpurmantel der Caesaren erinnert,
das Kreuz, das er wie ein Scepter in der Linken trägt, die den classischen
Caesarenbildern abgesehene Haltung und Bewegung von Armen und Händen
machen durchaus den Eindruck des Imposanten, einer das Herz des Besohauers
erfreuenden überirdischen, und doch wieder in der milden Herablassung zu
den Lämmern echt menschlichen Herrlichkeit (Fig. 331) 2. J. P. Richter, der
diesen Zug gut hervorgehoben hat, ermangelt nicht, darauf hinzuweisen, wie
hier im Gegensatz zu anderen, mehr skizzenhaften Zeichnungen der höchst-
mögliche Grad formaler Durchbildung angestrebt ist, wie diese sich zunächst
in der heitern Wirkung der Farben, der weichen Modellirung und der glück-
lichen Wahl des Typus ausspricht. Er betont auch mit Recht, dass das ovale,
bartlose Gesicht des Hirten viel mehr an griechische Ideale als an die der
römischen oder byzantinischen Kunstepoche erinnert, ja er will in dem fast
honigfarbenen Blond der Haare schon eine Spur der Beziehungen zum Ger-
manismus erblicken. Ich lasse das dahingestellt, stimme aber darin zu, dass
diese Composition ,die vcllendetste Leistung auf dem Gebiet der altchristlichen
Malerei" sei; ,die Pracht der Farben in Verbindung mit dem Erhabenen der
1 Nicht; blass, wie RICHTER S. 29 angibt,
bei BOTTARI tav. 78 und 80, sondern auch
auf dem neapolitanischen Mosaik GARRUCCI
Storia tav. 270.
2 Gute Abbildung bei RICHTER Taf. 2 zu
S. 28. Vgl. GAmmcol Storia tav. 229 bis
233. Plänui: Archäologie chrötienne pl. 147.
148.