Volltext: Die hellenistisch-römische Kunst der alten Christen, die byzantinische Kunst, Anfänge der Kunst bei den Völkern des Nordens (Bd. 1)

Erstegüßgclry 
Dass in den Niederlanden die Theilnahme an der eigenen grossen Ver- 
gangenheit alles übrige beherrschen müsse, kann kaum überraschen. Die besten 
Namen (Vosmaer, van Someren, A. I. Wauters, de Vries, van der 
Kellen) haben sich fast ausschliesslich mit ihr beschäftigt. 
Russland. In Russland bezeichnet die Regierung Katharinas ll (1762-1796) das 
 Erwachen kunstarchaologischer Interessen, für Welche die Gründung der gross- 
artigen Kunstsammlung der Eremitage (1779) mächtige Förderung bringen 
musste. Die archäologische Ausbeute Südrusslands ist im 19. Jahrhundert mit 
grossem Eifer betrieben werden (Sergen Ouwaroff, 1786-1833; Köhler, 
1765-1838; Lud. Stephani, 1780-1851), bis dann in unsern Tagen die 
speciiisch russisch-byzantinische Kunst in K0 ndakof f einen begeisterten 
Forscher gefunden hat. 
Wßrth- Man kann die bisher geschilderte Entwicklung, so vielfach sie im einzelnen 
 Abweichungen zeigt, und soweit Idee und Ausführung auch hier und da aus- 
lißhfläittet einanderliegen, doch im grossen und ganzen als eine Ausführung des Rumohr- 
allfälligen sehen Satzes bezeichnen: ,dass die Kunstgeschichte nicht länger als ein Aggregat 
imhäiäijfr" von Zufälligkeiten und abgerissenen Thatsachen, sondern als ein zusammeln- 
 hangendes, organisches Ganze aufgefasst werde' 1. Eine speciiische Berüc  
sichtigung des Kunstideals in seiner Verkörperung innerhalb der christlichen 
Gesellschaft, eine tiefere, liebevolle Versenkung in die Hervorbringungen der 
christlich-kirchlichen Kunst war dabei zwar an sich und principiell nicht aus- 
geschlossen, trat aber doch meist gänzlich in den Hintergrund: einmal Weil 
das Ideal der classischen Kunst unter der starken Einwirkung der auf eine 
so imponirende Höhe gehobenen classischen Archäologie doch entschieden die 
Herrschaft über die Geister bewahrte; dann weil einem grossen Theil der Träger 
der wissenschaftlichen Bewegung ein persönliches Verhaltniss zu Christenthuni 
und Kirche abging und damit gegeben war, dass Absicht und Vermögen 
mangelte, die christliche Kunst als ein Ganzes, in sich Berechtigtes aufzufassen 
und in ihrer Continuitat historisch zu verfolgen. Die Anregung zu einer solchen 
Betrachtung ging von der romantischen Schule aus, der es freilich zunächst um 
eine totale Reformirung des Kunsturteils zu thun war, welches im Zusammen- 
hang mit der classicistischen Richtung seit imehr als hundert Jahren die 
gesammte Wissenschaft und das Publicum hinsichtlich der Erzeugnisse der 
christlich-nationalen Zeiten beherrscht hatte, und dessen Alleinherrschaft auch 
durch die objective Ruhe der Rumohrschen Anschauung noch keineswegs stark 
genug erschüttert schien. Der Widerspruch gegen die bisherigen Vorstellungen 
richtete sich naturgemäss vorab gegen die landlauüge Werthschätzung der im 
Mittelalter als führende Kunst dastehenden Architektur und speciell gegen die 
als höchste Blüte derselben erscheinende Gothik. 
Mit dem Eindringen der Renaissance war diesseits der Alpen durchweg 
ziemlich rasch nicht bloss die praktische Uebung, sondern auch das theoretische 
Verstandniss für die mittelalterlichen Baustile erloschen. Schon Vasari und 
die Italiener überhaupt hatten gothisch und barbarisch für gleichbedeutend 
genommen; seit der Herrschaft des französischen Geschmacks galt es für den 
Inbegriff des Geschmacklosen, wie dies z. B. 1721 das Jablonskiische ,Lexikon 
Runome 
Forschungen II,
	        
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