Sechstes Buch.
S. Agata,
Lateran
u. s. f.
In ihrer coloristischen Wirkung sind diese Reste der musivischen Aus-
schmüekung in der alten Eingangshalle des lateranischen Baptisteriums nur
noch durch die ebenfalls nur theilweise erhaltene Deooration von S. Sabina
übertroffen worden. Ueber dem Eingangsportal dieser unter Papst Coelestin I
(422-432) errichteten Basilika prangt auf blauem Hintergrund in goldenen
Buchstaben die grosse musivische Inschrift, welche die Gründung der Kirche
erzählt. Rechts und links von ihr stehen die schon erwähnten Frauen-
gestalten, welche laut den Beischriften die ECCLESIA EX GENTIBVS und
die ECCLESIA EX CIRCVMCISIONE symbolisiren1. Dazu gehörten die Em-
bleme der Evangelisten an derselben Wand und an dem Triumphbogen das
Brustbild Christi zwischen Tauben, darunter 14 Medaillons mit Heiligen-
bildern und die Städte Bethlehem und Jerusalem. Unmittelbar auf die
Schöpfung Coelestins I in S. Sabina folgt diejenige Sixtus" III an dem
Triumphbogen von S. Maria Maggiore, über welche wir im Zu-
sammenhang mit den Mosaiken im Langhaus derselben Basilika zu sprechen
haben werden.
Unter Leo d. Gr. (440-461) wurde mit Unterstützung Galla Placidia's
der Triumphbogen von S. Paolo fuori le mura, der neuen, unter
Valentinian II, Theodosius und Arcadius 886 begründeten Basilika, mit Mosaiken
geschmückt, welche oben, zwischen den evangelistisehen Zeichen, das Brust-
bild Christi, unten die vierundzwanzig Aeltesten, ihre Kronen bringend, und die
Gestalten Petri und Pauli zeigten (Fig. 322). Der gegenwärtige Zustand dieses
Mosaiks2 lässt nur mehr erkennen, dass, wie de Rossi festhält, der Kern und
das Ensemble der Composition dem 5. Jahrhundert angehört; schon im 9., 12.
und 14-. Jahrhundert, dann in den beiden letzten Jahrhunderten, besonders aber
unter Clemens XII erlitt das Mosaik durchgreifende Restaurationen, welche,
wie mir scheint, dasselbe dermassen veränderten, dass sich die ursprüngliche
stilistische Behandlung des Bildes gar nicht mehr beurteilen lässt. Dass, wie
Richter annimmt, dasselbe im wesentlichen dem 9. Jahrhundert angehöre, ist
mir nicht wahrscheinlich; ich möchte den schlimmen, völlig charakterlosen
Zustand desselben eher spätern Ueberarbeitungen, namentlich des 18. Jahr-
hunderts, auf Rechnung setzen. Ich kann darum auch de Rossi nicht ganz
zustimmen, wenn er in dem Werke einen Beweis für den Verfall der musivi-
sehen Kunst in Rom um 460 sieht und sich die Worte Vitets aneignet: ,Dies
Mosaik hat in seiner Erneuerung keinen historischen Werth mehr, aber es
reicht hin, um uns über seinen ursprünglichen stilistischen Charakter zu be-
lehrenf Es ist nicht anzunehmen, dass Galla Placidia hier ein Werk von
so geringem Werthe und so geistloser Verkümmerung, wie der Triumphbogen
sie jetzt zeigt, ausführen liess, während ihr Künstler zur Verfügung standen,
die in der musivischen Ausstattung ihres eigenen Mausoleums zu Ravenna ein
unbestrittenes Meisterwerk schufen 3.
Der nämlichen Zeit oder dem Ausgang des 5. Jahrhunderts gehören noch
zwei Apsidalgemälde an, welche heute gänzlich zu Grunde gegangen sind:
dasjenige, welches der Arianer Ricimer in S. Agata in Subburra bald
nach 459 ausführen liess und das nach Zeichnungen des 16. Jahrhunderts
1 GARRUCCI tav. 210.
saici Lf. 3.
2 DE ROSSI Musaici Lf.
tav. 237.
Rossr Mu-
Gmuwccr
DE
16.
3 Vgl. zu diesem Mosaik noch CIAMPINI
1. c. I 228, hab. 58. SCHNAASE a. a. O. III?
199. RICHTER Mosaiken von Ravenna S. 27.
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