Buch.
Sechstes
Palastes die Kriegsthaten seiner Feldherren in Italien und Africa und Beli-
sars Einzug in Constantinopel vorgestellt 1. Von den prächtigen Mosaiken,
welche des Kaisers Geheiss in Thessalonich wie namentlich in seiner Sophien-
kirche schuf, hat sich leider nur weniges erhalten. Für die Beurteilung
des stilistischen Charakters der justinianischen Mosaikmalerei sind die noch
unter seiner Regierung ausgeführten Bilder in S. Vitale zu Ravenna und die
gleich nach seinem Tode entstandenen Cyklen in S. Apollinare in Classe und
S. Apollinare Nuovo daselbst massgebend. Rom sah in derselben Zeit noch
die Mosaiken in S. Cosma e Damiano und S. Lorenzo fuori le mura entstehen.
Von der Erhaltung dieser Kunst im gallisch-franläischen Reiche zeugen die in
demselben Jahrhundert verzeichneten Schöpfungen in Paris, Tours, Toulouse,
wo in der Kirche De la Daurade auch Säulen mit Mosaik bedeckt waren,
was sonst nur in einzelnen Fällen in Pompeji und in S. Marco zu Venedig
beobachtet wurde. Auch an gewürfelten Pavimenten waren die frülnnittel-
alterlichen Kirchen Frankreichs nicht arm 2. Im Orient befolgten die Nach-
folger Justinians, wie Phocas (t 610: PllOCüSkELpGllC), noch eine Zeitlang das
von ihm gegebene Beispiel. Bald aber mussten die nach dem Tode des Kaisers
Heraclius (641) eingetretenen Wirren und noch mehr der Bilderstreit seit Leo
dem Isaurier (711) nicht bloss einen nachtheiligen Einliuss auf die Ausübung
dieses wie jedes andern Kunstzweiges ausüben, sondern auch die Zerstörung
zahlreicher Denkmäler desselben herbeiführen. Erst unter dem letzten ikono-
klastischen Kaiser, Theophilus (829--842), wurden wieder, und zwar in dessen
Palast, Mosaiken in Constantinopel ausgeführt. Im Abendlande war unter-
dessen auch ein tiefer Niedergang dieser Kunst eingetreten, und was noch
ausgeführt wurde, dürfte im allgemeinen byzantinischen Künstlern zuzuschreiben
sein. In Rom sind aus dieser Zeit zu erwähnen die Mosaiken in S. Agnese,
S. Stefano Rotondo, in der Kapelle des hl. Venantius, in S. Pietro in Vincoli,
in S. Giorgio in Velabro, die nach dem Liber pontificalis durch Papst Severin
(640) in der Apsis von S. Peter und durch Papst Sergius I (687--701) in
der Vorhalle dieser Kirche veranlassten Bilder. In den Anfang des 8. Jahr-
hunderts fallen noch die unter Papst Johann VII (705_707) ebenfalls in
S. Peter ausgeführten Mosaiken, von denen einzelnes erhalten und in den
vaticanischen Krypten aufgestellt ist. In Ravenna machen die Bischofsbilder
in S. Apollinare in Classe den Abschluss dieser Entwicklung. In Frank-
reich liess noch Bischof Desiderius von Auxerre in seiner Stephanskirche
Mosaiken nach dem Muster der von Bischof Syagrius von Autun geschaffenen
ausführen. Im 11. Jahrhundert berichtet der Chronist von Montecassino, Leo
von Ostia, dass die musivische Kunst in jener Zeit in Italien in Vergessen-
heit gerathen war und dass der Abt von Montecassino damals (also zwischen
1050-1070) Legaten nach Constantinopel entsandte, um Mosaicisten anzu-
werben (per-itos utique in arte nzzcvsiaria et Quadrataria) 3.
Wir müssen es uns versagen, sämmtliehe Denkmäler der altchristlichen
Mosaikmalerei hier in ausführlicher Besprechung vor-zuführen. Indem wir auf
die anderwarts gegebenen systematischen Zusammenstellungen derselben ver-
1 PROCOP. De aedif. I lO.
2 MÜNTz Ewd. icon. et arch., Par. 1887, I1 s.
3 LEO OSTIENS. Ohron. Mont. Cass. III
(ed. WATTENBACH) c. 27-32 (SS. VII 718
bis 723): ,quoniam artium istarum ingenium
a quingentis et ultro annis magistra. Latini-
tas intermiseratf Wir kommen auf diesen
Locus classicus wieder zurück, wo wir von
dem Fortleben der altchristlichen Kunst im
Mittelalter zu reden haben.