Volltext: Die hellenistisch-römische Kunst der alten Christen, die byzantinische Kunst, Anfänge der Kunst bei den Völkern des Nordens (Bd. 1)

Sechstes 
sehr deutlich entgegentritt, vorzüglich unter der Feuchtigkeit der Wände, in- 
folge deren der die Würfel tragende Bewurf sich schliesslich loslöst, während 
auch die Farben der Emailpasten, namentlich das Blau, eine Veränderung er- 
fahren, den alten Glanz verlieren und einen grünlich-wasserigen Schimmer an- 
nehmen. Noch viel starker als an den in die Innenräume der Basiliken ein- 
gelegten Mosaiken traten diese Uebelstande an den an Facaden angebrachten 
Decorationen hervor, welche der Einwirkung der atmosphärischen Feuchtigkeit 
natürlich in viel höherm Grade ausgesetzt sind. Die Mosaiken der Facade des 
Doms zu Orvieto bieten in dieser Hinsicht ein bemerkenswerthes Beispiel. 
In den Katakomben ist nur ein sparsamer Gebrauch von der musivischen 
Malerei gemacht worden. Die in ihnen herrschende Dunkelheit liess Gemälde 
dieser Art nicht zu ihrem Recht kommen; selbst beim Lampenschein hätten 
Mosaikbilder nur mühsam erkannt werden können. Entscheidender noch 
mussten die Schwierigkeiten sein, Mosaiken an Wänden zu befestigen, welche 
nicht aufgemauert Waren; der TuE war kein geeigneter Grund zur Aufnahme 
von Mosaiken. Dazu 'm0chte die Abneigung der ersten Christen gegen die 
Verwendung eines in so ausgesprochener Weise dem Pomp und Luxus dienenden 
Kunstzweiges kommen. Es erklärt sich aus all den angeführten Gründen, 
dass wir in den Coemeterien keinen ganz mit Mosaiken ausgeschmückten 
Räumen begegnen. Was sich lindet, sind kleinere Bilder, Monogramme Christi, 
Kreuze, Inschriften, einzelne Symbole, einige Porträts 1; einigemal deuten leere 
Stellen mit Resten von hangengebliebenen Würfeln darauf hin, dass hier 
ehemals musivische Gemälde angebracht waren. So im Coemeterium der 
hl. Agnes an der Via Nomentana. Ein 1743 bei Tor Marancia in einem 
sabellianischen Coemeterium? von Marangoniß gefundenes Mosaik eines Arco- 
soliums stellte den zwischen Petrus und Paulus sitzenden Erlöser mit der 
dogmengeschichtlich merkwürdigen Beischrift QVI ET FILIVS DICERIS ET 
PATER INVENIRIS dar. Kaum minder interessant als dies leider ver- 
schwundene Denkmal sind die beiden jetzt der Biblioteca Chigiana gehörigen 
Porträts, welche 1656 im Coemeterium der hl. Cyriaca gefunden wurden und 
laut der uns durch Suarez erhaltenen Inschrift Flavius Iulius Iulianus und 
seine Gattin Maria Simplicia Rustica (vermuthlich Verwandte des 888 in Rom 
als Stadtpräfect verstorbenen Rusticus Iulianus) darstellen. Vielleicht in der- 
selben Katakombe fand sich das Bruchstück eines Hahnenkampfes, Welches 
jetzt im Lateranmuseum bewahrt wird; das Thier ist mit ausserordentlicher 
Feinheit und trefflicher Beobachtung der Natur dargestellt (vgl. Fig. 39). In 
der Krypta des hl. Eusebius waren jetzt langst zu Grunde gegangene Mosaiken 
an Bogen und Arcosolien angebracht, deren Spuren de Rossi 1856 noch fand 
und die er dem Pontiiicate des Bischofs Melchiades (311-314) zuschreibt. In 
einem benachbarten Cubiculum glaubte er die Reste einer musivischen Bemalung 
aus dem Ende des 4. oder Anfang des 5. Jahrhunderts, Christus inmitten von 
Aposteln oder anderen Heiligen, zu erkennen. In S. Ermete hatte P. Marchi 
1845 in der Krypta der hll. Petrus und Hyacinth ein ganz incrustirtes Arco- 
solium gefunden, dessen Reste uns die Auferweckung des Lazarus und Daniel 
zwischen den Löwen zeigen. Das 1838 in S. Elena (an der Via Labicana) auf- 
gefundene Paviment zeigt in einem reizenden Muster die Taube mit dem Cel- 
1 Sie sind jetzt am vollständigsten zu- 
sammengestellt bei E. MÜNTZ 1. c. p. 62 S. 
Vgl. auch Real-Encykl. a. a. O. 
2 DE ROSSI Bull. 1866, p. 86. 95. 
3 MARANGONI Cose gent. p. 462; 
Storia del Sancta Sanctorum p. 168. 
99. 
d ers.
	        
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