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Deutschland einstellen. Seit dem Beginn desselben hatte die zeitgenössische
Philosophie eine Wendung genommen, welche der Geschichte zu gute kommen
musste. Zum erstenmal hatte Schellin g die Entwicklung des Menschen-
geschlechtes nicht dogmatisch, sondern historisch zu begreifen gelehrt, jedem
Volk das Seine und jeder Zeit das Ihre gegeben, und die ganze Geschichte als
ein Epos, im Geiste Gottes gedichtet, geschaut. Damit allein schon war der Die Roman-
pomphaften antinationalen Uebertreibung des Classicismus gegenüber auch die mm"
christlichnationale Vergangenheit der Nation zu Ehren gebracht. Trotz der
vorübergehenden Begeisterung Goethe's für das Strassburger Münster (1772)
war der Classicismus nicht im stande gewesen, die deutsche Nation sich selber
zurückzugeben. Gerade unter dem Druck der auf einem unhistorischen Blend-
werk beruhenden napoleonischen Fremdherrschaft erwachte das nationale Be-
wusstsein. Unbefriedigt von dem classischen Idealismus flüchtete es sich in die
eigene Vergangenheit, aus der dem entwürdigten und niedergetretenen Volke die
Herrlichkeit des deutschen Mittelalters und seiner vrossen Kaiser entcegentrat.
Eine versunkene und vergessene Welt stieg auf 511111131 wie durch Zomiber aus
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cit Die Romantiker, welche diinliftitiisiifeiiitißieiloillltlliäiitgitli
Smnigen Dichtungen des Mittelalters welcäie idie sittlicli strengen idealen
Sehöllfungen der deutschen Gothik verehrten und ihren Zeitgenoäen, nahe zu
bringen suchten, sie waren die vrössten Feinde des Franzoasenthums welche
diesem unbewusst im Norden Dedtschlands und am Rheine emporwuchsen
Dort war es die Poesie, Welche in Novalis und seinen Gesinnunvsverwandten
national-christlicher Anschauung die Wege bahnte; hier am Rhieine richtete
sich der Blick vornehmlich auf die Werke der mittelalterlichen Kunst, welche
die Wallraf, Boisseree, Görres zu sammeln und zu erhalten suchten. Von
beiden Richtungen angeregt, fand sich in Rom eine Schaar junger Künstler
Zusammen, welche auf der einen Seite die Befreiung von den Banden franzö-
slschen Geschmackes, auf der andern den Anschluss an die grosse Kunst der
Frührenaissance auf ihre Fahne schrieb. Das Beginnen der Cornelius, Over-
beck und ihrer Nachfolger, der sogen. Nazarener, sah sich bald in energischer
Weise durch das ästhetische Urteil der romantischen Schule bestätigt.
W von Schlegel vertrat noch eine gewisse Vermittlung mit dem Classicismus 1,
Während Wackenro ders Jilerzensergiessungen eines kunstliebenden Kloster-
bruders" (1797) 2 und Tiecks ,Phantasien' 3 (1799) schon zu Ende des 18. Jahr-
hunderts den innersten Gedanken der Romantiker ausgesprochen hatten.
Friedrich von Schlegel, mit den Kunstschätzen von Paris und Wien
vertraut geworden, führte diesen Gedanken in philosophischem Tiefsinn, aber
auch in zweifellos einseitiger Willkür aus4, während Sulpiz Boisseree
(1783-1854), ebenso von den Romantikern wie von Goethe beeinflusst und
1 A. W. v. SCHLEGEL Dram. Kunst I, 5 f;
ders. in seinem ,Athenäum'.
2 W. IIWAGKENRODER Herzensergiessungen
eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin
1797.
3 LUnw. TIEGK, Phantasien über die Kunst
für Freunde der Kunst. Hamb. 1799; Berl.
1814. Ueber den Antheil Tieeks und Wacken-
roders an beiden Schriften s. KöPKE Tieck II,
292. 294.. KOBERSTEIN D. NL. IV, 582.
4 In seinem ,Europa' I. Bd. (1803), Werke
Thl. VI.