Fünftes Buch.
wäre dieser römische Bau ursprünglich eine Curie (Gerichtshalle) gewesen, in
der Zeit Valentinians' I erbaut, etwa 50 Jahre später zur Kirche umgewandelt
und nach den Bränden der Stadt in der Völkerwanderung durch Bischof
Nicetius (532-560) wieder hergestellt worden. Eine umfassende Restauration
der Frankenzeit ist in der That durch die Ausgrabungen bestätigt worden.
Die angeblich traditionelle Annahme, der Dom sei anfänglich der Palast der
hl. Helena, der Mutter des Kaisers Constantin d. Gr. gewesen, verdient keine
Widerlegung, da das Gebäude kein Wohnhaus gewesen sein kann. Gänzlich
verunglückt ist Essenweins Versuch, den Dom als eine Grabstätte, und zwar
als die der Kaiserin Helena, zu erklärenl. Gegen die Hypothese, der Dom
sei von Anfang an als christliche Kirche gebaut worden und mit dem von
Athanasius erwähnten Bethause identisch, kann die Abwesenheit der apsidalen
Ausladung und die eigenthümliche Anlage einer Tribuna im Mittelraum an-
geführt werden. Indessen haben wir in dem Bauwerk von S. Germano bei
Montecassino (s. oben) ein Analogon, und anderseits wissen wir jetzt, wie
wenig in den ersten Jahrzehnten nach 812 noch der basilikale Typus feststand.
Ausser dem Dom besass Trier im Jahrhundert noch mehrere Kirchen
(dazu werden St. Eucharius, St. Maximin, St. Paulin und die nördlich der Mosel
gelegene St. Victorkirche gehört haben), welche nach Venantius Fortunatus
Bischof Nicetius um die Mitte des 6. Jahrhunderts wieder herstellte. Die
durch König Friedrich Wilhelm IV in eine evangelische Kirche verwandelte
,Basilika' war entweder eine für die Geschäfte des 402 nach Arles ver-
legten Landtages bestimmte Magnaura oder eine Basilica forensis. Sie be-
steht aus einem Oblongum von beträchtlicher Länge, dessen eine Schmalseite
in eine halbkreisförmige Apsis auslädt. Jetzt zeigt sie keine Säulenstellung
mehr, doch soll eine solche nach den Aufnahmen der vierziger Jahre vor-
handen gewesen sein 2.
Ingland In England ist wol noch keine, in Spanien sind nur Reste von alt-
Wägen christlichen Basiliken in Begastri (6. Jahrhundert), bei Lo ja (zwischen
Granada und Malaga) und bei, Torres nachgewiesen wordens.
Um so reicher ist das römische Africa an derartigen Resten, deren
Bedeutung für die Entwicklungsgeschichte der Basilika in unserer Darstellung
schon mehr als einmal betont worden ist. Diese africanische Gruppe weist
eine Reihe von Exemplaren auf, in welchen der speciiisch römische Basilikal-
typus (Dreitheilung durch Säulen, apsidale Ausladung) noch keineswegs zur
Annahme gelangt ist. Sie ist um so anziehender und wichtiger, als, abgesehen
von gewissen Um- und Neubauten unter der nicht lange dauernden Herrschaft
der Byzantiner seit Belisar, diese africanischen Bauten infolge der moham-
medanischen Occupation zwar sämmtlich dem Erdboden gleich gemacht, aber
1 ESSENWEIN a. a. O. S. 58. Ganz ah-
gesehen davon, dass der Dom intra muros
liegt und kein Grund zu der Annahme vor-
liegt, man habe, dem Gesetz entgegen, eine
Bestattung innerhalb der Mauern der Stadt
vorgenommen, so wissen wir sehr bestimmt,
dass Helene nicht in Trier, sondern im
Orient gestorben und in dem Mausoleum der
Via Labieana bei Rom (S. Pietro e Marcel-
lino) beigesetzt wurde (vgl. die Belege bei
BARON. zum Jahre 326, n. 26). CIAMPINI
De aedif. p. 124. Ueber den römischen
Theil des Trierer Doms vgl. weiter SCHMIDT
Baudenkmale der römischen Periode Bd. II.
Trier 1839. v. WILMOWSKY Der Dom zu
Trier. Trier 1874; Archäol. Funde in Trier und
Umgegend. Trier 1873 (betreffs St. Victor).
2 Vgl. STEININGER Die Ruinen am Alt-
thore zu Trier. Trier 1835. HETTNER in
Proxs Monatsschrift für Geschichte West-
deutschlands 1880. Dazu oben S. 319.
3 GUERRA Dßitalliät. Madrid 1879; Arqueo-
iogia crist , und dazu m: Rossi Bull. 1878,
p. 37 sg.