Volltext: Die hellenistisch-römische Kunst der alten Christen, die byzantinische Kunst, Anfänge der Kunst bei den Völkern des Nordens (Bd. 1)

Baukunst. 
Altchristliche 
gewiss sehon seit Ende des 4. oder Anfang des 5. Jahrhunderts aufgekommen. 
Schon bei Paulin von Nola werden aurea limina (Poem. XIV 98) erwähnt; 
im 5. und 6. Jahrhundert erhielten das lateranische Baptisterium und die 
vaticanische Basilika Silberverkleidungen: von jener hat sich ein Theil erhalten 1, 
diese wurde 846 ein Raub der Sarazenen. Von der kostbaren seulptirten Thüre 
von S. Sabina ist anderwärts die Rede. Auch Elfenbein wird als Verkleidung 
von Thüren erwähnt 2. 
Von den Vorhängen, welche, wie wir bereits sahen, die Thüren ganz Vorhänge. 
oder halb verhängten, sprechen die kirchlichen Schriftsteller mehrfach3: es 
war das Geschäft der niederen Kirchendiener, namentlich der Ostiarier, für 
den Verschluss dieser Vela zu sorgen bezw. dieselben beim Eintritt hervor- 
ragender Personen emporzuheben 4, was uns auch in Mosaikbildern in S. Ap0lli- 
nare und in Thessalonieh entgegentritt  
Wir treten in die Kirche ein: vor uns liegt das Langhaus, d. i. dBTLanghauS. 
eigentliche Körper und Kern des Gebäudes, welcher der Masse der Gläubigen 
diente, darum auch Oratorium populi oder mit Rücksicht auf seine oblonge 
Gestalt Qziadratzun populi hiess. Der gewöhnliche Ausdruck dafür war bei 
den Griechen iVwig, Schiff (Alavis), selbstverständlich im Anschluss an den 
jüdischen Tempel zu Jerusalem, auch Ylxzisgaia. Die Bezeichnungen ,Lang- 
haus' wie ,Altarhaus' sind modernsten Ursprungs, wie in der gegenwärtigen 
Terminologie der Ausdruck ,Schiff' bei mehrschiffigen Anlagen auf die ein- 
zelnen Hallen des Langhauses, nicht mehr auf dieses selbst angewandt wird 
(Seitenschiife, Querschiif). 
Das Langhaus ist fast immer ein längliches Viereck (Oblongzun; quadra- 
tische Anlagen sind Ausnahmen), welches nur in seltenen Fällen eine einzige 
Halle darstellt (s. unten), in den meisten durch eine Siiulenstellung in drei 
oder fünf Schiffe getheilt ist. Zweischifiige Anlagen treten erst im Mittel- 
alter auf. Nach aussen ist dieser oblonge Raum durch Umfassungsmauern 
eingeschlossen, welchen ausser der Funetion des Abschlusses die weitere eignet, 
den Druck der auf ihnen liegenden Decke aufzunehmen. Eine Reihe von 
Structiven Bedürfnissen wie die Forderung ästhetischer Gestaltung haben nun 
dazu geführt, diese im Princip einfachen verticalen Oberiiächen in mannigfacher 
und künstlerischer Weise zu gliedern und zu zieren. Bei dieser Gliederung 
Spielt das Gesiins (Jtfoulzrres) eine Hauptrolle, d. h. eine Verbindung archi- 
tektonischer Glieder, welche zur Theilung oder zur Begrenzung dienen. Das 
äussere horizontale Haupt gesims ist eine kantige Platte (Hangeplatte), oft 
mit Unterlage (Zahnschnitten, Kragsteinen, Mzrtuli, Consolen) und 
(iesimsfries. Daneben kommen in Betracht der schräge, der Dachneigung 
entsprechende Giebelsinis, im Innern der Deckensims. Das Gurt- 
äesims, welches einzelne Geschosse abtheilt, und der Sockel oder Mauer- 
f uss, von welchem sich die Umfassungsmauern abheben, sind mehr arbiträrer 
Natur, d. h. sie finden sich nicht an allen Bauten und können nicht als noth- 
wendige Elemente angesehen werden. Es gilt das gleiche von den verticalen 
Gliederungen an den Ecken (verzahnte Kette, Ecklesenen) und 
von den Lesenen (Lesinen, auch Lisenen), d. h. nach hervortretenden verti- 
1 Romwm m: FLEURY Latraxx pl. 37. 
2 Hmnon. Ad Demetr. c. 8. 
3 PAULIN. NOLAN. Poemat. VI 13; XIV 
98; XVIII 31.  Cmzvsosronx. IIom. III in 
Ephes.  EPIPIIANW ed. PETAV. II 312.  
Vgl. Rcal-Encyklopiidie der christlichen Alter- 
thilmer II 932. 
4 HIERON. Ad Nepot. ep. LX; Ad Heliu- 
dor. c. 12.  Conc. Narbon. a. 589 c. 13. 
5 Vgl. Real-Encyk]. II 932.
	        
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