Altchristliche Baukunit
so gut wie keine in ihrer ursprünglichen Gestalt erhaltene Privatbasilika
erhalten ist. Die beiden Basiliken in der Villa der Qüinßtilißl" und neben
der palatinischcn Casa d'August01 nähern sich ja entschieden dem einfachsten
Schema der christlichen Basilika (jene ist ein Oblongum mit Apsis, an der
Frontseite Vorhalle, im Innern zwei Säulenreihen), sind aber in ihrem Grund-
risse nicht hinreichend gewährleistet. Dasselbe gilt von dem pompejanischen
Wandgemälde, das eine am Meer gelegene Villa mit einem Bau zeigt, dessen
überhöhter Mittelraum von breiteren Portiken flankirt ist 2. Festern Boden
haben wir bei der 1862 aufgedeckten sogen. Basilica Iovis neben der Flavischen
Domus auf dem Palatin. An der westlichen Schmalseite derselben lag eine halb-
kreisförmige Tribuna, welche von dem Körper des Baues durch durchbrochene
Marmorschranken getrennt war. Von den Enden der Tribuna gingen zwei
in ihren Trümmern noch erkennbare Säulenstellungen von je fünf Säulen aus.
Also eine der Urgestalt der forensen Basilika, der Porcia, nach den Ermitt-
lungen Rebers sehr nahekommende Coniiguration. Aber kann dieser Bau
als Typ der Privatbasiliken gelten? Und wie schob sich diese in den Com-
plex der gewöhnlichen Wohngebäude und ihrer verschiedenen Theile ein?
Das sind alles Fragen, die noch ungelöst sind und die doch beantwortet sein
müssten, ehe man über das Verhältniss der christlichen Basilika zur privaten
ein abschliessendes Urteil gewinnen kann.
Anderseits ist auch nach den neuesten Untersuchungen die forense und der
Basilika keineswegs so beschaffen gewesen, dass man sie ohne weiteres
als Vorbild der christlichen bezeichnen dürfte. Sie war, wie schon bemerkt,
ursprünglich nichts weiter als ein überdccktes und erweitertes Forum m!
mnplißcareteir forumi, sagt Cicero (Ad Attic. IV 16) von ihrer Bestimmung.
Wesentlich war für sie nur ein von einer zweistöckigen Porticus uingcbener 0b-
longer Mittelrauin (Vitruv. V 1). Alle übrigen Bestandtheile, durch welche
sie der christlichen Basilika ähnlich wird, sind nur accidentell und wechselnd,
nicht wesentlich und regelmässig. So die apsidale Ausbeugung, die Ueber-
höhung des Mittelraumes, der Eingang an der Schmalseite. Alle diese unserer
kirchlichen Basilika charakteristischen Eigenschaften finden sich bei der forensen
nur theilweise, in diesem oder jenem Falle, aber nicht so, dass sie zum Wesen
derselben gehören. Man könnte behaupten, dass die in den letzten Jahren
bekannt gewordenen Tempelformen, wie der Langbau des Mysterientempels
zu Eleusis, der Langhausbau auf Samothrake mit seinen drei Langschiffen,
dem Querhaus und der segmentförmigen Apsis, der Tempel in Hierapolis, der
christlichen Basilika viel näher stehen als die forense Basilika. 3. Anderseits
1 CANINA Via Appia tav. 32; ders. Edifizi
di Roma tav. 305. Srocxßnunn a. a. O.
Taf. 12.
2 GnLL and GANDY Polnpejana p]. 60
(I GnnL und Konnnn Leben der Griechen
und Römer 2 S. 439, Fig. 393).
3 Vgl. A. Snmnenn (irundzüge S. 122
(s. oben S. 269). Dazu Allg. Zeitung 1884,
Nr. 355. Ueber die 1875 auf Samothralze
gefundenen Reste eines Kabirentempels äussert
sich HAUSER bei A. Conzn (Neue archäo-
logische Untersuchungen auf Samothrake II
[Wien 1880] 29 f), ,dass der Grundriss
dieses Tempels ebensosehr von den bekannten
Kraus, Geschichfe der ChTiSÜ. Kunst. I.
gangbaren (irundrissen antiker Tempel ab-
weicht, wie er sich dem der altchristlichen
Basilika nähert. Der Grundriss (ebd. S. 27,
Fig. 6) zeigt einen in drei Schiffe zerfallen-
den Innenraum, denen sich ein Querschiif
und eine abschliessende, aus dem Vierecke
ausgesparte, fast halbkreisförmige Apsis
vorlegen. Die Scheidung der Schiffe ist nicht
durch Säulen, sondern durch Mauern bewerk-
stelligt. Vor der vordern Schmalseite liegt
eine von Säulen getragene Eingangshalle.
Doch fanden sich auch Thüren an beiden
Langseiten (vgl. auch ebd. l Taf. ll. 42. 43).
Conze (II 30) vergleicht mit dieser Gesammt-
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