Volltext: Die hellenistisch-römische Kunst der alten Christen, die byzantinische Kunst, Anfänge der Kunst bei den Völkern des Nordens (Bd. 1)

Buch. 
Füßftä 
Riesenhafte übertragen und damit den auf gleiche Proportionen gesteigerten 
Saalbau der älteren Gemeindehäuser in Verbindung gebracht 1. Adamy schlug 
einen andern Weg ein, indem er zunächst die verschiedenen mehr oder weniger 
glücklichen Versuche zur Herstellung grösserer Versammlungsräume prüfte, 
welche dem altchristlichen Kirchenbau vorausgegangen waren, und dann zu 
dem Resultat gelangte: ,diese Raumformen dem Bedürfniss gemäss zu einer 
ästhetischen Einheit zu verschmelzen, war die Aufgabe des Künstlers, und 
diese Aufgabe in vollendeter Weise und mustergiltig für alle Zeiten gelöst 
zu haben, ist das eminente Verdienst der. altchristlichen Künstler". Diesen 
sich Jedem aufdrängenden Gesichtspunkten gegenüber unternahm es Dehio 
wieder, die Entstehung der christlichen Basilika aus einem einzelnen Motiv 
des römischen Hausbaues zu erklären 3. Beachtenswerth war freilich Dehids 
Ausführung, es sei Weder der Name der Privatbasilika noch die unter diesem 
Namen gedachte Sache, d. h. eine gesonderte und formell bestimmte Bau- 
gattung, aus den litterarischen Quellen nachzuweisen oder auch nur wahr- 
scheinlich zu machen. Aber in hohem Grade bedenklich mussten die positiven 
Aufstellungen Dehio's erscheinen, Welche das Atrium der römischen Häuser 
als den Ausgangspunkt der christlichen Basilika hinstellen. Er meint (und 
wol mit Recht), die gebräuchlichsten Saalformen des Palastbaues wichen 
zu gründlich von dem basilikalen Princip ab, namentlich in ihrer Bedeckung 
durch Tonnengewölbe, als dass sie als Vorstufe der Basiliken in Betracht 
gezogen werden könnten. Es bleibe nur übrig, an das Atrium des Bürger- 
hauses zu denken, welches den Kern der christlichen Basilika darstelle. Den 
Chor findet er in dem Tablinum, den Altar in dem steinernen Tisch vor- 
gebildet, selbst die Medaillons der Basiliken mit ihren Bischofsbildern in den 
lmagines clypeatae; das Querschilf gehe auf die Alac des italischen Atrien- 
schema's zurück und fehle darum in den griechischen Kirchen. Auch der 
Querschnitt der christlichen Basilika ergebe sich aus der Ueberdachung und 
Ueberhöhung des Compluviums, über welchem eine Laterne angebracht war, 
in der der Altar-tabernakel (xlrca, Iüßaipeou) der Sache wie dem Namen nach 
vorgebildet war. 
Diese ganze These ist auf der Unterstellung aufgebaut, das Kirchengebäude 
der Christen sei nicht durch den Cultus, sondern der Cultus durch die vor- 
gefundene Configuration des antiken Hauses bedingt und bestimmt,  und auf 
der weitern Annahme, es hätten die Christen im alten Rom ihren Gottesdienst 
gerade in dem Atrium der bürgerlichen Häuser abgehalten. Beide Annahmen 
sind unhaltbar. Keine Quelle berichtet uns, dass das Atrium zur Abhaltung der 
liturgischen Feier diente. Die wenigen Andeutungen, welche uns die Litteratur 
hinsichtlich dieses Punktes hinterlassen hat, lassen darauf schliessen, dass man 
zu diesem Zwecke nur die abgelegensten, in oberen Stockwerken gelegenen Säle 
wählte (S. 271). Da das Atrium der zugänglichste Theil der Domus war, ist 
gänzlich ausgeschlossen, dass die den Blicken der Profanen so ängstlich ent- 
zogene eucharistische Feier dort abgehalten worden Wäre 4. Die Ableitung des 
1 J. P. RICHTER Der Ursprung der abend- 
ländischen Kirchengebäude, nach neuen Ent- 
deckungen kritisch erläutert. Wien 1878. 
2 Run. ADAMY Arohitektonik der alt- 
christl. Zeit (Hannover 1884) S. 61. 
3 G. Dnmo Die Genesis der christlichen 
Basilika. München 1883. (Separat-Abdruck 
aus den Sitzungsberichten der histor. C]. der 
königl. bayr. Akad. d. Wissenschaften 1882. 
II S. 3.) 
4 Das bestätigt unter Anderen, ausser der 
unten anzuführendcn Mittheihnmg des Lac- 
tantius über die ,Kirche' in Nikomedien, auch 
TERTULL. (Adv. Valentin. c. 3): ,Nostrae
	        
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