Buch.
Fünftes
selben sich erhebenden bedeckten Mittelraum eine Aehnlichkeit mit den Basilikexi
der Alten hatte. ,S0nach', meinte er, ,müsse man ebensowol den heidnischen
wie den christlichen Römern nachrühmen, dass beide Theile für ihre gross-
artigen Zwecke sich Gebäude schufen, deren Formen nicht erborgt, sondern
aus dem klaren Bewusstsein eines bestimmten Zweckes hervorgegangen warenf 1
Nur den Namen lässt also Zestermann der profanen Architektur entlehnt sein;
auch werden Ursprung und Gestaltung des christlichen Kirchenbaues aus-
schliesslich innerhalb des Christenthums, in den Bedürfnissen des Cultus, der
Scheidung der die Kirche Besuchenden u. s. f. erblickt. Es konnte nicht fehlen,
dass diese Aufstellungen mancherlei Widerspruch erfuhren, wie sie denn auch
offenbar der constructiven und technischen Seite der lilrage nicht gerecht wurden.
Doch stimmten unter den Architekten? Hübsch und Mothes Zestermann
zu, Letzterer mit der Modilication, dass sich die Christen doch hinsichtlich der
Construction an die vorhandene Technik, dem Stil nach an die vorhandene
Formgebung angeschlossen hätten. Die Mehrzahl der Kunsthistoriker und
Archäologen sprach sich zunächst gegen Zestermann aus. So Urlich s,
Kugler, Lübke, Fergusson, v. Lützow, E. Förster, während A. Springer
nach anfänglichem Widerspruch ein man liguef aussprach (1856) und später seine
Ansicht wieder änderte 3. Kreuser, welcher sich 1851 zuerst auf Zester-
manns Seite gestellt, versuchte dann einen ganz neuen Weg einzuschlagen,
indem er auf die jüdischen Tempel und auf ägyptische Vorbilder zurück-
ging. Auf ihn machte namentlich eine von Haneberg im Talmud nach-
gewiesene Stelle Eindruck, wo die grosse J udeilsynagoge zu Diospolis Basilika
genannt wird 4. Der starke Widerspruch der Kunstforscher gegen Zester-
mann und die Widerlegung einzelner seiner Behauptungen durch Urlichs und
Brunn veranlassten dann J os. Ant. Messmer, in seiner ersten Schrift über
den Gegenstand wieder auf den Zusammenhang der altchristlichen und foronsen
Basilika zurückzukommen. In seiner zweiten Untersuchung der Frage (1859)
kam er aber zu einem andern Ergebniss, indem er die von Vitruv (VI 5, 2)
als Privatbasiliken bezeichneten Prachtsäle der Paläste römischer Grossen in
der Kaiserzeit als Vorbild der christlichen Basilika hinstellte 5. Im Innern der
1 ZESTERMANN De basilicis libri III, und
a. a. O.
2 H. Hiißsun Die Architektur und ihr
Verhältniss zur heutigen Malerei und Seulptilr.
Stuttg. 1847. O. Miornns Die Basiliken-
form bei den Christen der ersten Jahrhunderte.
2 Lpz. 1869.
3 L. Uumcns Die Apsis der alten Basi-
liken. Greifswalde 1848. Kuamm Kunst-
geschichte. Aufl. von 1866. W. Lüßxn
G eschichte der Architektur. 2 1858. J AMES
Fnncusson Illustr. Handbook of Archit.
Lond. 1858. v. Lürzow Meisterwerke der
Kirchenbaukunst. Lpz. 1862. E. Fönsrnn
Vorschule der Kunstgeschichte. 1862.
A. SPRINGER Baukunst des christlichen Mittel-
alters (Bonn 1854) S. 33; Handbuch der
Kunstgeschichte (Stuttgart 1856) S. 120.
v. QUAST Ueber Form, Einrichtung und Aus-
schmückung der ältesten christlichen Kirchen.
Berl. 1853. A. ROSENGARTEN Architect.
Stilarten. Braunschweig 1857. Bnuzvn im
Kunstblatt 1848, S. 19 f.
4 KREUSER Christi. Kirchenbau. Bonn
1851; Ein Wort über den Ursprung der
Basilika (Mittheilungen der k. k. Central-
commission, April 1859), und Christl. Kirchen-
bau. 2 1860. Aehnlich in ,Wiederu1n christl.
Kirchenbaui 1868. Die neuesten For-
schungen haben die Gestalt des jüdischen
Tempels und seine innere Einrichtung hin-
reichend herausgestellt, um jeden Gedanken
an einen organischen Anschluss der christ-
lichen Basilika an den Tempelbau zu Jeru-
salem auszuschliessen. Vgl. MELUHIOR m:
Voeüiä Le temple de Jerusalem etc. Paris
1864. CmPmz et Penner L0 temple de Jeru-
salem et 1a Maison du Bois Liban. Paris
1889. Dazu Fnncnrwixru in Zeitschrift für
bildende Kunst. Neue Folge. II (1891) 141.
5 Mrzssmrm (I) Ueber den Ursprung, die
Entwicklung und Bedeutung der Basilika in