Volltext: Die hellenistisch-römische Kunst der alten Christen, die byzantinische Kunst, Anfänge der Kunst bei den Völkern des Nordens (Bd. 1)

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Höchst bezeichnend ist die Thatsache, dass in den von de Vogüe und Sculptur- 
Waddington in Syrien erforschten altchristlichen Ruinen die Sculptur nur "vgifeigfn 
eine durchaus untergeordnete Rolle spielt. Wo sie auftritt, wird sie nur zu 
decorativen Zwecken verwendet, eine selbständige Aufgabe fällt ihr nirgends 
zu. Statuen und Basreliefs fehlen ganz. Ein Thürsturz in Dana mit Pfauen 
neben einem Gefäss, von reichem Pflanzenschmuck umgeben; Pflanzenmotive 
mit geometrischen Mustern an dem Hause des Bildhauers zu Betursa; die 
Kirchen zu Mudjeleia, El-Barah bieten Vorbilder dieser Richtung 1. In An- 
tiochien sah J. P. Richter (Mos. von Ravenna S. 131, Anm. 1) ein Relief 
mit Adam und Eva, ,die einzigen figürlichen Darstellungen, welche er in 
den Ländern des Orients nachweisen könnei Indessen rührt dieses Relief 
wol von einem Sarkophag her. Viel wichtiger sind einige africanische Funde 
der neuesten Zeit: der von 1881 mit der sitzenden Madonna und dem Kinde 
auf dem Schoosse 2, und der neuere mit den Hirten und dem Engel, über 
welchen Delattre3 berichtet. In Kleinasien scheint der plastische Schmuck 
der Kirchen hier und da etwas reicher zu sein. So in der Kirche zu Aladja 
in Lycien, WO Engel das Bild des Herrn tragen und der hl. Michael die 
besiegten Dämonen niedertritt 4. In Cilicien, zu Korykus und Anazarbe, sah 
Langlois verschiedene Sculpturreste, die er leider nicht naher beschreibt? 
Ein Stück von einer Thürverkleidung in Ephesus scheint irgend einen Mar- 
tyrer darzustellen. WVood sieht hier das Grab des hl. Lucas 6. Beim Neu- 
bau der Hagia Sophia verwendete man nach Paulus Silentiarius figurirte 
Capitelle mit den Gestalten des von Engeln umgebenen Erlösers, der Pro- 
pheten, Apostel, Maria's7; wie es scheint, waren in solcher Weise auch 
Scenen aus dem realen Leben dargestellt, worauf wenigstens einige das 
Landleben erzählende, angeblich aus der Hagia Sophia stammende Reliefs 
im Museum der 111. Irene schliessen lassen 8. Der Ambo war mit Blumen 
und Bäumen verziert, die heiligen Brunnen mit Leoparden, wasserspeienden 
Löwen, Hirschkühen9: wie man sieht, waltete die rein decorative Absicht 
vor, und man sah bereits von der plastischen Darstellung des menschlichen 
Körpers mehr und mehr ab. Man war also hier schon einen bedeutenden 
Schritt weiter in der Entfernung von der Uebung der altern Kunst gegangen 
als in einem benachbarten Werke, welches bei seinem Umfange und seiner 
trefflichen Erhaltung als Hauptzeuge jener Zeit betrachtet werden muss, in 
welcher sich der Uebergang von der römisch-christlichen Kunst des constan- 
tinischen Zeitalters zu einer vorwaltend conventionellen Richtung vollzog. Das 
ist der Ambo zu Saloniki, der an seiner halbkreisförmigen Aussenseite die 
Geschichte der Magier in zwei Scencn, der Reise unter Führung des Sternes 
und der Darbringung der Gaben vor dem Kinde, bietet, welche das Bild des 
guten Hirten inmitten seiner Schafe umgeben. Die mangelhafte Bildung der 
Gruppen, das Abweichen von der Einfachheit des evangelischen Berichtes, 
die Einschiebung eines Engels, der als Vermittler zwischen die Madonna mit 
dem Kinde und die ankommenden Magier tritt, die Anordnung der die Figuren 
trennenden Arcaden, die dadurch bewirkte Herauslösung der Person Christi 
1 DE Voaülä p. 6, pl. 43. 45. 50. 
2 Bull. 1884-1885, p. 49, tav. 1-11. 
3 Revue de Part. chröt. 1889, p. 138. 
4 TEXIER et PULLAN Ilarohitecture byz. 
p. 184.  DE LABORDE in Rev. archäol. 1847, 
p. 174. 
5 Rev. archäol. 1855, p. 129; 1856, p. 365. 
Vgl. BAYET 1. o. p. 111. 
6 Discov. at Ephesus p. 56. 
7 Descr. Sanct. SophiaeV(ed. Bonn.) 691 sq. 
8 Rev. archäol. XXII (1870-1871) 222. 
9 BANDURI Ant. Gonstantinop. IV 218 sq.
	        
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