Volltext: Die hellenistisch-römische Kunst der alten Christen, die byzantinische Kunst, Anfänge der Kunst bei den Völkern des Nordens (Bd. 1)

Viertes Buch. 
taphien mit dem D  M der Heidenwelt kauften, so auch manche Sarkophage 
übernehmen mussten, deren iiguraler Schmuck ihren Ueberzeugungen oder 
Absichten nicht entsprach. Sie halfen sich, wie schon erwähnt, in solchen 
Fällen damit, dass sie die anstössigen Bildwerke wegmeisselten oder die von 
denselben eingenommene Seite des Sarkophags nach der Wand zu stellten. 
Statuarische Es kann endlich nicht verkannt werden, dass die polytheistischen Nei- 
ifjhgöäf gungen der sie umgebenden Heidenwelt die- Christen doch vielfach gerade 
gegen statuarische Werke misstrauisch und ablehnend stimmen musste. 
Wir haben Beispiele kennen gelernt von Kirchenschriftstellern, welche, wie 
Tertullian und Eusebius, in dieser Beziehung einem ausgesprochenen Rigoris- 
mus und einem einseitigen Spiritualismus huldigten. Gleichwol bestätigt gerade 
Eusebius den Gebrauch, welchen der christlich gewordene kaiserliche Hof 
selbst von statuarischen Darstellungen machte. So liess sich nach seinem 
Berichte Constantin d. Gr. in Rom nach dem Sieg an der Milvischen Brücke 
eine Bildsäule mit dem heilbringenden Zeichen des Kreuzes in der Hand 
setzen 1. Auf den Brunnen und öffentlichen Plätzen Constantinopels prangten 
vergoldete Broncestatuetten, welche bald den guten Hirten zwischen seinen 
Lämmern, bald Daniel unter den Löwen  also, wie es scheint, symmetrische 
und sich entsprechende Gruppen  vorstellten (Vit. Const. III 49). In der 
Chalce soll dann Constantin eine später durch mancherlei Vorkommnisse 
berühmt gewordene eherne Bildsaule des Herrn errichtet habeng, und auf 
dem Forum der oströmischen Hauptstadt sah man ausser den Statuen Con- 
stantins, Helena's und geflügelter Engel auch ein grosses Monogramm Christi 
(LabaruwzÖ, welches von den Bildsäulen des Kaisers Constantin und seiner 
Söhne umstellt war3. Die Kaiserin-Mutter Helena war auch in der Hagia 
Sophia durch eine Elfenbeinstatue verherrlichtä Der Lateran besass nach 
dem Liber pontificalis eine Statue des hl. Johannes Baptista. Eine sehr selt- 
same Verwendung der Statuen beliebte dem Kaiser Theodosius, welcher, um 
sie dem Gespötte und der Beschimpfung des Volkes preiszugeben, Stand- 
bildcr der berüohtigtsten Häretiker, eines Arius, Eunomius, Macedonius, Sahel- 
lius, errichten liess 5. 
Von all diesen Denkmälern ist uns nichts erhalten. Was das christliche 
Alterthum uns an statuarischen Schöpfungen hinterlassen hat, ist sehr wenig, 
aber dies wenige verdient, dass wir einige Augenblicke dabei verweilen. 
DßYßüte Wir haben seiner Zeit darauf hingewiesen, wie früh die Darstellung des 
HM guten Hirten innerhalb der christlichen Gemeinde Beliebtheit und Verbrei- 
tung gewonnen hatte. Bezeichnend ist nach dieser Richtung, dass die ältesten uns 
erhaltenen Reste statuarischer Kunst unter den Christen der ersten drei oder 
vier Jahrhunderte dieses Sujet Wiedergaben. Rom besitzt fünf Statuen des 
guten Hirten; in Constantinopel und Griechenland sind drei andere nach- 
gewiesen; dazu kommt ein Exemplar in Sevilla (Palast Medinaceli), welches 
Hühner und Ficker bekannt gemacht haben. Von den römischen Statuen 
lHist. eccl. IX 9. 10. 11; Vit. Const. 
I 40; L. C. IX 8. Diese Angabe des 
Kirchenhistorikers unterliegt nicht bloss, wie 
BRIEGER (Zeitschr. für Kirchengesch. IV 200) 
dargethan hat, manchen Bedenken von Seiten 
der historischen Kritik. Die Aufstellung 
eines ausgebildeten Kreuzbildes in Rom um 
312 muss angesichts der jetzt bekannten Ent- 
Wicklung der Kreuzesdarstellung als äusserst 
unwahrscheinlich bezeichnet werden. Eusebius' 
Zuverlässigkeit, namentlich im ,Leben Con- 
stantinsß ist mit Recht sehr bezweifelt worden. 
2 THEOPHAN. I (ed. Bonn.) 439.  BAN- 
DURI Imp. or. I 21. 
3 BANDURI 1. c. I 33. 
4 Ibid. I 39. 5 Ibid. V 261.
	        
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