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führungen beizupflichten. S0 will er die in der mittelalterlichen Kunst auf-
tretende Darstellung der Dreifaltigkeit in drei zu einem Haupte verbundenen
Gesichtern auf die dem Ianus bifrons und altslawischen Götzen verwandte
Darstellung eines bärtigen dreigesichtigen Gottes auf dem gallisch-röniischen
Altar von Dennepyl zurückführen. Desgleichen stimmt er Usener und Wirth
zu, Welche unter der hl. Pelagia die Aphrodite-Astarte und unter der
hl. Irene und Barbara die Danaä suchenz. Ebenso ist ihm die Entstehung
der St. Georgslegende aus dem in Aegypten blühenden Horusculte zweifel-
los 3 alles Dinge, welche mit mancherlei überraschenden Analogien plausibel
gemacht werden können, denen ich aber weit entfernt bin den Werth von
der Wissenschaft zugewonnenen Thatsachen beizumessen. Bei den auch von
mir bereitwillig zugestandenen Anlehnungen an die profane Kunst, wie bei
der Herübernahme der LiiberaZ-itas Augusti, handelt es sich nirgends um
die Entlehnung von Ideen, sondern nur um deren Einkleidung, um die Mittel
ihrer Aussprache und ihrer Versinnlichung. Der Inhalt ist in allem Wesent-
lichen altes, unbestreitbares Eigenthum der christlichen Gemeinde, in der
biblischen Grundlage gegeben. Was entlehnt wird, ist der Vortrag dieser
Ideen; hier handeln Künstler und Dichter nach gleichen Grundsätzen und
Anregungen, indem sie die Einfachheit älterer Vorstellungen durch solche
ersetzen, die sich aus der gesammten Atmosphäre des diocletianisch-constan-
tinischen Hofes mit seinem neuen, den asiatischen Despotien entlehnten Pomp,
seiner Hierarchie und seinem Titelwesen, seinem ganzen rituellen Prunk er-
gaben. Die durch die engen Beziehungen der Kirche zu diesem seit 312
christlich gewordenen Hofe bedingten veränderten Anschauungen spiegeln sich
in den Repräsentationsbildern der Mosaiken ebenso wieder, wie die einfachen
und naiven Compositionen der Coemeterialkunst die ewig unvergessliche erste
Jugendzeit der Gemeinde ausgesprochen hatten.
Eine Reihe von Einzelheiten sind im Anschluss an das bisher Vorgelegte
noch zu erledigen, ehe wir diesen Abschnitt über die Ikonographie der alt-
christlichen Kunst abschliessen dürfen. Haben wir von dem Verhaltniss der
altchristlichen Kunst zur heidnischen zu sprechen, so lässt sich die Frage
nicht umgehen, wie sich das Christenthum der ersten Jahrhunderte zu der
Darstellung des Nackten verhielt. Zahlreiche Aeusserungen der Väter, Darstellung
von Clemens Alexandrinus bis auf die trullanische Synode (692) herab, lassen desmckte"
keinen Zweifel daran, dass die die Sinnenlust reizenden und unanständigen
Gemälde als unerlaubt galten und man Kunst und Künstler nicht von der Ver-
pflichtung freisprach, das zu beachten, was der Herr hinsichtlich der Aerger-
nisse gesagt hatte (Matth. 18, 7). Hatten doch auch heidnische Autoren das
Ueberhandnehmen lasciver Bilder beklagt. Wenn man nun festhalten muss,
dass das sittliche Gefühl der alten Christen keineswegs abgestumpft war, so
muss auf der andern Seite auch zugegeben werden, dass es, wie heute noch
der ganze Süden, weit entfernt war von der Prüderie späterer Zeiten und
nordischer Anschauungen. Klima und Gewohnheit brachten das mit sich. Es
1 Vgl. BULLIOT et PIIIOLLIER La mission
et le culte de St. Martin (Tapräs les lägendes
et les rgonuments populaires dans le pzmys
äduen. Etude sur le paganisnle rural. Autun
et Paris 1892, p. 149, iig. 75.
2 USENER Die Legende der h]. Pelagia.
Lpz. 1882.
3 Betreffs der St. Georgslegende s. unten
Buch TV. u. Bd. H. GUTSCHMID Die Sage vom
hl. Georg (Bericht der königl. sächs. Gesell-
schaft der Wissenschaften zü Leipzig 1861,
S. 175). CLERLIONT-GANNEAU in der Rev.
archäol. 1876. 1877. "MAYER in dem Bericht
der PhilologenVersammlung zu GrÖTHtZ 1889.