Volltext: Die hellenistisch-römische Kunst der alten Christen, die byzantinische Kunst, Anfänge der Kunst bei den Völkern des Nordens (Bd. 1)

Drittes Buch. 
Figur, in grauer Jacke und in ein Horn blasend, erscheint 1. Das frühe Mittel- 
alter übernimmt diese Darstellung der Winde als Brustbilder mit zwei Flügeln 
am Kopf, wie wir sie in dem Pastorale des hl. Gregor zu Autung sehen. Als 
gehörnte Thierköpfe kennt sie das karolingisch-ottonische Zeitalter, wie der 
Codex Egbertiß, die Wandgemälde von Oberzell4 zeigen 5. 
Gehen wir zu abstracten Begriffen über, so finden wir einigemal auf 
Senat und Münzen Senat und Volk personificirt: jenen, auf einer Goldmünze Constan- 
Volk" tins, als mit der Toga bekleidete männliche Gestalt; sie trägt über der Toga 
die Lama senatoria, mit Perlen gezierte Stiefel und ein mit einer grossen 
Gemme geschmücktes Diadem, in der Linken ein Scepter, in der Rechten 
einen Globus. Die Bedeutung ist durch die Beischrift SENATVS sicher- 
gestellt G. Eine andere Münze der gleichen Zeit charakterisirt das Volk als 
einen kräftigen, lorbeerbekrönten Jüngling mit dem Füllhorn 7. Auf der bar- 
berinischen Terracotta, welche die früheste Vorstellung des Weltgerichts gibt 
(s. oben), erscheint das Volk vor den Cancelli in Gestalt flehender Männer, 
Weiber und Kinder 8. 
Ethische Der Personiiication der Kirche unter dem Bilde der Orans, derjenigen 
Begrlü des Sacerdotiunz unter dem Bilde des consecrirenden Priesters (in den Sacra- 
mentskapellen von S. Oallisto) ist bereits gedacht worden. 
Es erübrigt noch, auf die ethischen Begriffe einzugehen, zu deren 
Personification die antike Litteratur und Kunst den Weg gezeigt hatten. VVEIPGI] 
doch Begriffe wie die Pietas, der Sieg (Victoria), Klugheit, Dankbarkeit, Er- 
findungsgabe, Seelengrösse, Reue Dinge, deren Personiiication allen Gebildeten 
des Alterthums geläuüg war. Die christliche Kunst hatte hier nur an einen 
Gemeinbesitz der ganzen WVelt anzuknüpfen. Sehr wichtig für die Ikonographie 
des spatern Mittelalters ist die bereits seit dem 4. Jahrhundert uns entgegen- 
Die göttl. tretende Personification der göttlichen Weisheit (Zogßia). Das früheste 
Weisheit Beispiel derselben sieht Garrucci auf dem Mosaik in S. Costanza9, wo eine 
Frau vor einem Hause sitzt und mit einigen sie besuchenden Jünglingen 
spricht,  eine Anspielung auf Weish. 6, 15 (assidenteln, emm illam floribzrs 
suis invenierf), vielleicht auch auf Spr. 8, 34. Gesicherter erscheint die Aus- 
deutung, welche derselbe der Frau gibt, die in der Wiener Genesishandschrift 
die aus dem Paradies vertriebenen Stammeltern begleitet und wo Andere die 
Reue oder den Trost symbolisirt finden. Es ist hier an Weish. 10, le-2 zu 
erinnern, nach welcher Stelle die Weisheit den gefallenen Menschen in ihren 
Schutz nimmt (haec illum    custodivit ct eduxit illum a delicto sruo etc). 
Von Gregorius Thaumaturgos erzählt Gregor von Nyssa, es sei ihm bei Ab- 
fassung seiner Auseinandersetzung des Glaubens" ("ldzäearg rriaz-awg), und zwar 
bei Betrachtung des Geheimnisses der Dreifaltigkeit, in nächtlicher Vision ein 
ehrwürdiger Greis in Begleitung einer von Licht umflossenen Frauengestalt 
erschienen, welcher ihn auf Geheiss der Letztern über das Mysterium unter- 
richtete. Aus dem Texte erhellt mit Deutlichkeit, dass die hehre Frau hier 
die Muttergottes, aber als Vertreterin der Weisheit (die ügasanbg Zogßia), 
1 PIPER a. a. O. S. 442.  v. QUAST Bau- 
werke von Ravenna S. 5 f. 
2 DIDRON Icon. chrät. p. 170. 244. 
3 Ed. KRAUS Taf. 24. 
4 Kanus Die Wandgemälde i. d. St. Georgs? 
kirche zu Oberzell S. 11.  
5 Vgl. DIDRON 1. c. p. 170. PIPER a. a. O. 
443. 
6 Brit. Mus. 1874, pl. 57. 
7 Conmr l. c. VI pl. 4'. 
8 ReaI-Encykl. II 753.  GARRUCCI tav. 4656. 
9 Tav. 204 4.
	        
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