Drittes Buch.
Augustin (De haer. c. 7) berichtet von einem Weibe Namens Marcellina, welche
ausser dem Bilde Jesu diejenigen des hl. Paulus, des Homer und Pythagoras in
Ehren hielt; und von Kaiser Alexander Severus ist bekannt, dass er in seiner
Hauskapelle die Bilder (Büsten?) Abrahams, Orpheus' und Christi aufstellte und
mit Opfern ehrte (LAMPRID. c. 29). Wichtiger ist die Meldung des Eusebius, die
von dem Herrn geheilte blutflüssige Frau habe vor ihrem Hause in Paneas
(Caesarea Philippi) demselben ein Denkmal aus Metall errichten lassen, welches
die Statue eines Mannes zeigte, der, in ein weites Pallium gehüllt, der vor
ihm auf den Knieen liegenden Frau die Hand entgegenstreckte (Hist. eccl.
VII 18). Am Fusse der Statue wuchs ein fremdes Kraut, das als Heilmittel
gegen allerlei Krankheiten galt. Nach dem Zeugnisse desselben Eusebius,
der die Statue auf seiner Durchreise sah, und dem des Asterius hat bereits
der christenfeindliche Maximinus Daza (305) die Statue entfernen lassen; und
eine neue Beschädigung bezw. Beseitigung derselben wird von Julian erzählt 1.
Auch der in unserer Zeit wieder gefundene Apologet Macarius Magnes (ed.
BLONDEL 1876, 1) bestätigt die Geschichte von der Errichtung der Statue
durch die Blutflüssige, die er bereits Berenike nennt. Die neuere Kritik hat
sich ziemlich einstimmig geweigert, dieser Erzählung Glauben beizuinessen;
sie hat meist angenommen, irgend ein heidnisches Standbild, vielleicht ein
Denkmal Hadrians und der von ihm besiegten Iudaea, habe den Christen An-
lass gegeben, die Bildsäule zu Paneas missverständlicherweise auf Christus zu
beziehen. Aber wenn dieselbe einen Kaiser vorstellte, ist gänzlich undenk-
bar, dass Maximinus und Julian sich an ihr vergriffen haben sollten; und
anderseits lässt die in der Heimat des Judenthums noch lange sich erhaltende
Abneigung gegen bildliche Darstellungen nicht annehmen, dass die dortige Be-
völkerung so leicht und ohne eine bestimmte Ueberlieferung das Denkmal in
Paneas a.uf Christus bezogen haben soll. Auch de Rossi ist überzeugt, dass
es sich hier um eine wirkliche Christusstatue handelte und dass dieselbe den
traditionellen Christustypus möglicherweise beeinflusst habe.
Wenden wir uns von den litterarischen Nachrichten zu den uns erhal-
tenen Monumenten, so stellt sich hinsichtlich der Darstellung des Erlösers die
Sachlage also heraus.
Auf den Katakombengemälden und Sarkophagen wird uns der Herr ent-
weder nur symbolisch (als guter Hirt, dreimal als Odysseus, s. oben) oder
typisch (in den alttestamentlichen Scenen) oder endlich direct (in neutestament-
lichen Episoden, seine Wunder wirkend) vorgeführt: in allen diesen Fällen
erscheint er bartlos, jugendlich, mit oifenbarer Hindeutung auf die ewige, un-
verwelkliehe Jugend des Gottmenschen. Um die Mitte des 4. Jahrhunderts
scheint sich das Bedürfniss einer realistischen Auffassung geltend gemacht
zu haben. Den letzten glanzvollen Nachklang dieser idealistischen Auffassung
bietet der jugendliche Christus auf dem Mosaik von S. Aquilino in Mailand?
(Fig. 141). Es tritt uns nunmehr sowol in den Sarkophagreliefs als in
losgelösten, eigentlich porträtartig gemeinten Brustbildern ein Typ entgegen,
welcher zwar mit Aufgeben jenes jugendlichen Idealkopfes immerhin noch
einen Mann voll Hoheit und Manneskraft vorstellt, dessen bärtiger Kopf
ein volles Alter, aber noch keine Greisenhaftigkeit verräth. Woher kommt
dieser Typus? Ist er eine freie Erfindung oder lehnt er sich an Vorbilder
1 Sozom. Hist.
Hist. eccl. VII 3.
eccl. V 21.
PHILOSTORG.
2 GARRUCGI
tav. 2341.
Storia
dell'
arte
cristiana.