Volltext: Die hellenistisch-römische Kunst der alten Christen, die byzantinische Kunst, Anfänge der Kunst bei den Völkern des Nordens (Bd. 1)

Drittes Buch. 
wiederzugeben. Dahin gehören zunächst die sogen. Lucas-Bilder. Seit 
Gregor II (727) und dem byzantinischen Mönch Michael (9. Jahrhundert) wissen 
zahlreiche mittelalterliche Schriftsteller zu erzählen, der Evangelist Lucas habe 
den Herrn porträtirt, und in Rom wird das in der Kapelle über der Scala 
santa beim Lateran beündliche Salvatorbild als ein Werk des hl. Lucas bewahrt, 
wie das die ihm von Papst Gregor IX (1234) beigesetzte Inschrift auch 
meldet. Ebenso weiss man von Bildern der heiligen Jungfrau zu erzählen, 
welche Lucas angeblich gemalt habe (zuerst spricht davon [518] Theodorus 
Lector). Die einen wie die anderen dieser in zahllosen Nachbildungen ver- 
breiteten Lucas-Bilder sind nichts anderes als ziemlich späte Erzeugnisse der 
byzantinischen Kunst. Ein anderes Christusbild, aus Berytus, dessen auf 
dem Concil zu Nicäa 787 gedacht wurde, soll im 12. Jahrhundert nach Con- 
stantinopel gebracht worden sein. Wir wissen über seinen Verbleib nichts 
weiter. Viel berühmter ist der Volto santo im Tempietto der Kathedrale 
zu Lucca, welcher angeblich 782 auf wunderbare Weise nach Lucca kam, wo 
Dante1 es allem Anschein nach gesehen hat. Der Ueberlieferung nach ist es 
von Nikodemus gefertigt, der ein Holzschnitzer war; als die Juden das Bild 
durchbohrten, floss Blut daraus. Die Schnitzerei stellt den Gekreuzigten in 
Aermelweste dar 2. Späte Mache verräth auch das Mosaikbild des Herrn in 
S. Prassede zu Rom, welches die Tradition als ein Geschenk an den Senator 
Pudens bezeichnet  Eine andere Classe von Bildern sind die sogen. Acheiro- 
poeten (eäxäueg dI-(ezporroinroz), angeblich über-natürlicherweise, nicht von 
Menschenhand entstandene Bildnisse Christi. An der Spitze derselben steht das 
Edessenum Edessenum oder Ab gar-Bild, welches in Gestalt eines mit seinem Ge- 
Abglgfäüi sichtsabdrucke versehenen Tuches der Herr selbst dem Herrscher von Edessa, 
Abgar Uchomo, zugesandt haben soll 3. Bekannt ist die apokryphe Correspon- 
denz Abgars mit Jesus, die bereits Iulius Africanus kannte, die dann Eusebius 
griechisch (Hist. eccl. I 13), später Moses von Chorene armenisch mittheilte und 
die zuletzt in unseren Tagen aus einem angeblichen syrischen Original durch 
Cureton und Wright bekannt gemacht wurde. Auch die aquitanische Pilgerin 
Silvia (um 380) kannte diesen Briefwechsel (Peregrin. Silv. p. 32), den be- 
reits 494 das Concil unter Gelasius unter die Apokryphen versetzte und an 
dessen Echtheit seit Lorenzo Valla nur mehr Wenige glaubten, heute Nie- 
mand mehr glaubt. Das Bild soll 944 von den Sarazenen aus Edessa ent- 
führt, diesen durch Kaiser Romanus Lacapenus entrissen und nach Constan- 
tinopel gebracht worden sein, was uns der Kaiser Constantinus Porphyrogenitus 
(T 959) in einer eigenen Abhandlung erzählt. Die Einen lassen es dann 
1207 durch die Venezianer nach Rom kommen 4, wo es in S. Silvestro ver- 
ehrt wird; nach Anderen kam es ca. 1361-1363 nach Genua und ward 
1388 der Kirche S. Bartolomeo degli Armeni daselbst geschenkt. In neuester 
Zeit (1872) hat Glückselig den seltsamen Versuch gemacht, dies Abgar- 
Bild als ein authentisches Porträt Christi wieder zu Ehren zu bringen, und 
1 Vgl. Inferno XXI 48. 
2 Vgl. FIORILLO Geschichte der zeichnen- 
den Künste I 44. REIsKE Exercit. de imagini- 
bus. Jen. 1685. F. N. DI POGGIO Saggio 
di stor. eccl. di Lucca (Lucca 1787) p. 162. 
Ueber LEBOYXS handschriftliche Abhandlung 
,De sacro vultu' (Cocl. 234 des Magdeburger 
Domgymnasiums) vgl. WATTENBAGH N. A. X 
(1885) 192. Dazu BENV. v. IMOL1Vs Comm. 
zur DC. (MUBATORI Antiqq. I 108; Diss. 
XVII [II 614, ed. VERNom, Flur. 1887, II 
lO5]). 
3 EUAGR. Hist. eccl. IV 26. 
4 Vgl. RIANT Exuviae Const, passim.
	        
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