Drittes Buch.
Die Aehre.
Das Wein-
laub
einigen Vätern, wie Augustin, Paulin von Nola und dem Pseudo-Gregor, als
Symbol des Leibes Christi (in mwe Christus), bezw. der eucharistischen Speise,
hinter welcher die Gottheit verborgen ist. Ich vermisse aber jeden Beleg
dafür, dass diese Vorstellung auch in" der Kunst der ersten Jahrhunderte ihre
Ausprägung erfahren hat, und die von Boldetti1 an einem Loculus gefundene
Bernsteinnuss, deren eine Fläche das Opfer Abrahams
zeigt (Fig. 51), kann nicht als Beweis dafür gelten.
Den Aehren vindicirt man mit Rücksicht auf die
lgl-L, bekannten Stellen der Heiligen Schrift die Beziehung auf
die Guten und Schlechten, welche hienieden das Reich
Gottes ausmachen, welche Symbolik im Anschluss an
die musivische Ausschmückung der Apsis der Basilica
Fis- 51. Nuss aus Bernstein. Severiana in Neapel J oh. Diaconus bestätigt 2.
Weinlaub, die Rebe, der Weinstock waren
D e c o ratio nsstücke, welche auch in der profanen Kunst sich grosser Be-
liebtheit erfreuten, und es liegt gewiss kein Grund vor, der Ausstattung
mancher Deckenräume und Wände in den Katakomben Roms (wie in der Ein-
gangshalle von S. Callisto) oder Neapels (vgl. SCHULTZE Die Katak., Fig. 22)
eine andere als decorative Absicht zu unterstellen. Gleichwol
wird man der Weinrebe hier und da eine allegorische Function
zusprechen müssen 3. Die Verbindung" des guten Hirten mit der
Weinrebe auf Lampen, Gemälden und Grabsteinen wird mit Rück-
sicht auf Joh. 15, 1 nicht anders gedeutet werden
lK können. Ebenso die Combination des Kreuzes mit
Weinlaub auf Mosaiken wenn auch späterer Zeit. Die
Erinnerung an 4 Mos. 18, 24 kann auch eingewirkt
i) 47A haben, um die Traube und Rebe als Zeichen des
" Landes der Verheissung, übertragen also auch des
Paradieses gelten zu lassen; vielleicht erscheint sie
12 darum so häufig auf Grabsteinen. Dieselbe Idee
{l h scheint da ausgesprochen, wo Tauben an den Reb-
A3 v1" fruchten picken. Zweifelhaft ist mir, ob man die
7T; Rebe als Symbol des Martyriums ansehen und sie
Fig 52 in diesem Sinne auf Apostelbildern deuten darf. Ein
Aus der Basilika zu TcboS-Sn- beliebtes Motiv ist das Weinlaub, in Welchem
kleine Putti mit der Traubenernte beschäftigt sind.
Sarkophage (so auch die gallischen bei Ln BLANT Sarc. de la Gaule p. 44. 70.
84. 94. 151) und Gemälde, von den Mosaiken gleich das älteste, in S. Costanza,
zeigen diese Vindemmia. Ihren decorativen Charakter gibt man allgemein zu,
doch will man in ihr auch eine versteckte Anspielung auf die Eucharistie
sehen (vgl. Fig. 52). Es scheint mir dafür der Beweis zu fehlen. Eher wird
man in der Verbindung der Weinrebe mit dem Kreuz (Basrelief eines Altares
zu Rimini, Jahrhundert), in der Stellung der Rebe zwischen zwei
Aehren (Amethyst aus Turin bei Pnnanr IV pl. 16 52) oder zwei an den Trauben
pickenden Vögeln, in dem Herauswachsen der Rebe aus einem Gefäss (LE
1 Oss. p. 298, tav. 1 w.
2 Vgl. m2 Rossx Bull. 1863, p. 4; 1880,
145; 1881, p. 120.
5 Vgl. betreffs Weinlaub und Weinstock
LE BLANT Reeherches sur l'histoire de 1a
parabole de 1a vigne aux premiers siäcles
chröt. Paris 1869. KÜNSTLE bei KRAUS Real-
Encykl. der christl. Alterthülner II 982.