Malerei.
Altchristliche
der Herr die Macht des Teufels überwindet, zeigen die Geschichten vom Hirsch,
dem Ichneumon und Hydrus, während die Bosheit und betrügerische List des
Teufels in den schlimmen Eigenschaften des Fuchses, Igels und Waliischs
dargestellt Wird. Dem Rebhuhn ahmt der Mensch nach, indem er Verstand
gewinnt und sich zum Herrn und seiner Sache zurückwendet. Satans ohn-
miichtige Wuth darüber charakterisirt der Onager, seine schliessliche Ver-
werfung der Affe. Der alte griechische Text1 des Buches bezieht sich für
alle diese schönen Dinge auf den Physiologus", unter dem sich vielleicht Ari-
stoteles mit einem apokryphen Tractat verbirgt. Was seine Entstehungszeit an-
langt, so nimmt Lauchert2, welchem wir die neuesten Untersuchungen über
den ,Physiologus' verdanken, an, es sei derselbe vor der Ausbildung der gno-
stischen Aeonensysteme, also etwa im ersten Viertel des 2. Jahrhunderts ent-
standen. Im Zusammenhangs mit dieser Annahme lehnt Lauchert den von
Pitra behaupteten gnostischen Ursprung der Schrift ab. Mit letzterm dürfte
er recht haben; dagegen ist eine so frühe Entstehung des Buches wenigstens
in der vorliegenden Recension nicht zuzugeben, da die Ausführungen seines
Textes hinsichtlich der Lehre von der Trinität, Incarnation und der hypostati-
sehen Union die dogmengeschichtliche Entwicklung des 4. Jahrhunderts voraus-
setzen, und auch die volle Ausbildung des allegorischen Interpretationssystems
das Vorausgehen der an Origenes anknüpfenden alexandrinischen Exegese in
sich schliesst. Dass sich bei J ustin, Olemens Alexandrinus, Origenes, Tertullian
bereits deutliche Spuren einer Benutzung des Buches finden (Onlcnnns In Gen.
hom. XVII 5 erwähnt geradezu den ,Physiologus'), beweist nur, dass diesen
Vätern ein ähnliches Werk vorgelegen hat, welches dem heutigen Text als
Grundlage dient. Ob Ambrosius, Hieronymus und Augustinus, welche alle
vielfach den Physiologus benutzten, gerade diesen unsern Text gekannt haben,
bleibt noch zu untersuchen. Jedenfalls scheint nicht anzunehmen zu sein,
dass der Physiologus in seiner jetzigen Redaetion auf die Ausgestaltung der
vorconstantinischen Thier- und Pflanzensymbolila einen starken Einfluss ge-
habt hat, wenn auch seit Ende des 4. Jahrhunderts ein solcher sich mehr
und mehr bemerklich zu machen beginnt.
Noch viel weniger kann, um dies hier einzullechten, davon gesprochen Die Clavis
werden, dass das von Pitra unter dem Namen des Melito (Bischof von des Memm
Sardes um 195) und unter dem Titel lxlleig (Clavis Scripturae) Veröffentlichte
Glossar zu biblischen Ausdrücken, deren mystische Bedeutung auseinander-
gesetzt wird, eine Einwirkung auf die altchristliche Symbolik gehabt habe.
Dies Werk ist nichts anderes als eine Zusammenstellung aus den Schriften
späterer abendländischer Kirchenvater von Augustinus und Gregor d. Gr.
herab bis zu Pier Damiani; erst zu Ende des 11. Jahrhunderts scheint es
seine abschliesscndc Itedaction erlangt zu haben
1 Den griechischen Text gab 1855 PITRA
auf Grund von Pariser Handschriften und
mit Benutzung der beiden älteren Ausgaben
des LUIS PONCE DE LEON (1587) und des
Mnsroxrmss im III. Bd. des Spie. Solesmense
heraus; dann LAUGHERT Geseh. des Physio-
logus (Strassb. 1889) S. 229 f. Die Haupt-
ausgabe des lateinischen ,Physio1ogus' ver-
danken wir CAIIIER und MARTIN (M61. (Paroli.
2 a. a. 0., besonders 64.
3 PITRA in Spie. Solosm. II 3, 1. Eine
kürzere und ursprünglichere Redaction gab
Pitra nach einer Handschrift des 10. Jahr-
hunderts in Anal. sacr. 1I. Betreff-s der
Abhängigkeit des Bruches von Augustin siehe
ROTTMANNER und DUCHESNE im Bulletin
critique 1885, Nr. 3 u. 10. Dazu SEITZ in
,Theologische Studien und Kritikerf 1857,
S. 584 f.