Alle diese Gesichtspunkte ivollten oder konnten von den meisten Ver-
tretern unserer KunstuJis-scizschaft nicrht oollauf gewürdigt oder auf-
gegrifen urerden, weil ihnen, grosnsenthceils zoe-nigstens; ein positives inneres
Verhaltniss zu der Sciche, um die es sich handelte, abging. EICH], ioird
der Jißltftlllülltllrg s-cliieei'lieli zoidersprechen, dass die ganze inhaltlurhi: Seite
der christlichen Kiiri.stge.scliichte, namentluih die ikonogrciphischen Fragam-,
doch nur schwwer und ungenügend von Demjenigen angefasst vcerdzrn
dürften , welcher mit der kirchlichen Theologie keine nähere Eiih-lzing
besitzt. lllan wird billigericeise nichts (lagegen einzuzoencclen haben, wenn
nun die christliche Kunstentieicklung ziuch einmal vom bltandpzinkt der
letztern angesehen wird. Der Verfasser hat sich zum Gesetz gemacht, jeder
fremden Anschau-ung möglichst gerecht zu zeerden und sie mit Billigkeit
und Gerechtigkeit zu ioiircligen; er glaubt nun auch bei
seines eigenen Standpunktes die Inaimliche litückvsicht fordern zu (litrfen.
Meine ,Geschichte der christlichen Kunst! verfolgt zuniiclzist (einen
iuisasenschaftlichen Zioeck. Sie will den Verlauf der christlichen Ifzinist-
entzeickl-uizg durchaus im Zusanunzenhang der neuesten Fors-chu-ng dar-
legen sie sucht eine streng 10lSSGHWSClLHflltClI-(3 VerständiTgurig über alle hier
in Betracht kommenden Controoersen; sie geht mit Vorliebe den Fragen,
neu-h, milche die Gesanrnntanschauung besrtirmvnen und von (leren Beant-
wortung unsere ganze Anschauung der kunstgeschiichtlicrlzeu Entwicklung
abhängt. Demgemtiss ioerden hier die Fragen nach Ursprung und
CTharaJeter der altchristlichen Kunst, nach dem innern Werth des Bgzcin-
tinismits und seinem Einfluss auf den Occident, nach der Entstehung des
christlichen Bilderkreiseis und der karolingisch-ottonischen Bilderbibel, die
Quellen der mittelalterlichen Ikonogrciphie, (lie Bildung der Kunstvorstel-
Zungen des Mittelalters, die Entstehung der Gothikv, die Wurzeln der Re-
naissance eingehender, als es irgendwo sonst bisher geschehen ist, be-
handelt. Für die ersten Jahrhrzmderte konnte nzeine Darstellung sich viel-
fach an die Arbeiten anschliessen, welche in meiner ,Real-Encgklopädiez
der christlichen Alterthßiimerr" niedergelegt sind. Man wird sich aber leicht
überzeugen, dass auch hier alle wichtigen Fragen von neuem geprüft wurden
rund roielfach ein ganz neues Resultat gewonnen worden ist.
Wenn sich das Werk in diesen Untersuchungen zunächst an die der
Kunstioissenschaft Beflissenen wendet, so verfolgt es aber auch weitere
Zioecke. Es will den in Betracht kommenden Stoff auch der grossen Masse
des gebildeten Publicums und speciell den theologischen Kreisen vermitteln