Drittes
Allegori-
sdler Gha-
rakter der
römischen
Kunst.
nischen Welt in eine christliche. Wir haben hier den innern Gründen dieser
Transformation nicht nachzugehen, die ja freilich so leicht nicht blosszulegen
sind, die auch dem grossen modernen Gesehichtschreiber Roms unverständlich
erscheinen und deren "Dunkel ihn abhielten, die Geschichte dieser Zeit zu
schreiben. Hier haben wir uns nur mit der Frage zu beschäftigen, in welchem
Zusammenhang die Anfange christlicher Kunst mit der geistigen und sitt-
lichen Disposition standen, welche im 2. und 3. Jahrhunderte ltom beherrschte
und in gewissen Denkmälern der sepulcralen Kunst ihren Ausdruck fand.
Wenn irgend eine Thatsaehe jener Zeit in die Augen springt, so ist es
das mächtige Hervortreten der religiösen Probleme. Für das erste Jahrhundert
vor Christus und nach seinem Auftreten ist es schwer, das Verhaltniss der
Gebildeten der römischen Gesellschaft zu diesen Problemen und insbesondere
zu dem Unsterblich keitsglauben klar herauszustellen 1. Die Leugner der
Unsterblichkeit waren zahlreich, nicht bloss in den eigentlich materialistischen
Schichten des Epikureismus, sondern auch unter den ernsten Denkern. Zu
Ende des 1. Jahrhunderts sehen wir Galenus, Quintilian, Tacitus sich zaudernd
ausdrücken und die Sache völlig in der Schwebe lassen. Die stoische Lehre
von einem Fortleben der Seele im Jenseits, bereits durch Cicero empfohlen,
hatte in Seneca einen beredten und einflussreichen Vertheidiger gefunden.
Mehr noch dürfte das Ansehen Plato's nach dieser Richtung gewirkt haben.
Die Wiedererneuerung des Platonismus durch Plotin und seine Schule fand
in Rein bedeutsamen Widerhall; die platonisirenden und pythagorisirenden
Anschauungen eines Plutarch, Pausanias, Apuleius verfehlten gewiss ihres
Eindruckes auf die Masse der Gebildeten nicht. Weit tiefer und nachhaltiger
aber werden die Einflüsse des (lrients gewesen sein, welche seit Ausgang
des 1. Jahrhunderts mehr und mehr das Abendland ergriffen. Die Juden
brachten in die Diaspora einen religiösen Garungsstoff mit, der sich auf viele
Jahrhunderte hindurch nachhaltig erwies. Man weiss, wie die Familie und
der Hof Septim Severs und seiner Nachfolger von den Erinnerungen jüdischen
Proselytismus berührt wurden. Aegyptische und syrische Culte drangen zu-
gleich in Italien ein und fanden bald bis in die höchsten Kreise hinein Auf-
nahme. Alle diese orientalischen Einflüsse von den christlichen gänzlich
zu schweigen wiesen und führten auf den Glauben an die Unsterblichkeit
hin. Hatte der Todtencultus der Griechen und Römer von jeher die Tendenz,
das Band zwischen Lebenden und Todten fortzuspinnen, so gcvzann diese
Absicht jetzt eine bedeutsame Vertiefung. Man hatte auch früher stets Werth
darauf gelegt, das Gedächtniss der Abgeschiedenen zu erhalten und zu er-
neuern: die heidnische Epigraphik erscheint oft wie ein Dialog zwischen
dem Todten und dem Lebenden. Die Vorstellung verbreitete sich jetzt mehr
und mehr, dass die Abgeschiedenen sich an der Erinnerung ihrer Hinter-
bliebenen erfreuten, dass der Schmuck ihrer Gräber, die Rosen- und Veilchen-
tage, das Licht der Grabeslampe und der Duft ihres Oeles, die Feier der
Todtenmahle und all diese Veranstaltungen den Todten wohl thun und sie
in einem angenehmen Zusammenleben mit den Ihrigen erhalten. Das Eindringen
l Der Gegenstand ist öfter behandelt
worden. Ich verweise auf REISACKER Der
Todesgedanke bei den Griechen. 'l'rier1852;
Lmnns Vorstellungen der Griechen über das
Fortleben nach dem Tode. Populäre Auf-
Sätze. 2 (1875) S. 303 ff. ; FRIEDLÄNDER Sitten-
gesch. Roms III 5 681 f., und besonders jetzt
auf das ausgezeichnete, für den Gegenstand in
erster Linie in Betracht kommende Werk
E. RonmimPsyche. 2Bde. Freib. 1890-1894.