Drittes Buch.
Gebrauch der Bilder bei Häretikern zieht: ,L'Eglise strictement orthodoxe füt
restäe iconoclaste, si Vkäreisie ne Feüt pänäträe, ou plutöt Weißt ewige d'elle, peu-r
les beso-ins de Za concurrence, plus d'une concession aux faiblesses paiennesf
Es ist schwer zu verstehen, wie der Verfasser der ,Vie de Jesus diese Satze
aufstellen kann, da er anderwärts die Einführung der Kunst bei den Christen
als eine selbstverständliche Folge der Adoption der neuen Religion durch
Griechen und Römer darstellt 1. Niemand wird das frühe Auftreten der Bilder
bei den gnostischen Irrlehrern in Abrede stellen; aber Niemand sollte sich
auch die Augen darüber verschliessen, dass in der orthodoxen Kirche bild-
liche Darstellungen mindestens ebenso früh, wenn nicht noch viel früher, vor-
kommen und die ganze altchristliche Kunst von einer innern, doctrinellen
Beeinflussung durch den häretischen Gnosticismus vollkommen frei erscheint.
Alexandri- Immerhin aber wird man den bedeutenden Einfluss des Alexandri-
"isälißssäimnismus auf die Entwicklung der christlichen Kunst nicht in Abrede stellen
dürfen. Sein Einfluss auf die Ausgestaltung der theologischen Litteratur war
geradezu massgebend; es Widersprüche allen Gesetzen des geistigen Lebens,
wenn sich diese Einwirkung nicht auch auf dem Gebiete der Kunstvorstellungen
bewahrt hätte. Einzelne derselben, wie der Ichthys, sind, wie wir gesehen,
gewiss auf Alexandrien zurückzuführen. Die geringe Zahl der uns erhaltenen
Denkmäler erlaubt uns keine weiteren Schlüsse; es fragt sich, 0b wir an-
gesichts des kleinen Vorraths von monumentaler Bezeugung ein Urteil über
den Unterschied der stilistischen Behandlung in Rom und Alexandrien fällen
dürfen, eine Frage, die von grösster Wichtigkeit ist für die Beantwortung
jener andern: ob der Charakter der altchristlichen Kunst der ersten Jahr-
hunderte ein vorwaltend griechischer oder ein vorwaltend römischer ge-
wesen ist.
Zur Beurteilung der alexandrinischen Kunst haben wir nur wenige Daten.
Es sind die Fresken von Cyrene, deren Bekanntmachung wir Pacho's Reise
(1827) verdanken, und die von Wescher 1864 zuerst beschriebenen, ein-
gehender von de Rossi illustrirten Katakombenbilder in Alexandrien 2.
Der gute Hirte auf dem Fresoo von Cyrene ist als bartloser Jüngling
geschildert. Er trägt eine kurze, ärmellose, gegürtete Tunica, darüber eine
Paenula, die Beine sind nackt, die Füsse mit Sandalen bekleidet. Der Jüngling
tragt das Lamm auf seinen Schultern und hält die Füsse desselben mit je
einer Hand zusammen. In der Linken halt er den Hirteustab, neben ihm
erscheinen sechs Lämmer, die ihm den Kopf zuwenden. Die Landschaft ist
durch zwei Bäume angedeutet.
In Composition und Details ist diese Scene anscheinend ganz identisch
mit den Pastordarstellungen der römischen Katakomben. Dennoch weicht
der cyrenaische Typus in zwei Punkten von dem abendländischen ab. Der
griechische Künstler hat seinen Hirten mit einem Laubkranz gekrönt, ein dem
Hirtenleben entlehntes, anmuthiges Detail (Fig. 18). In der Höhe bemerkt
man sieben grosse, sorgfältig gearbeitete Fische, vielleicht ein Pendant zu
den sieben Lämmern.
In der nämlichen Region Cyrene's, nahe an Aphrodisias, bietet eine Grab-
kammer eine andere, etwas jüngere Malerei. Sie besteht aus einfachem
Weinlaub mit Trauben, geometrischem Ornament und zwei Medaillons, von
RENAN
Marc-Auräle
540.
2 DE ROSSI Bull. 1865, n.
die Bemerkungen BAYETS 1. c.
Vgl.