Tafel
BYZANTINISCH
UND
ROMANISCH.
ARCHITEKTUR
UND
SKULPTUR.
Der im Ganzen grofse Unterschied zwischen byzantinischer und romanischer Architektur be-
schränkt sich bei den dekorativen Einzelheiten auf ein sehr geringes Mafs, was sich durchvdie schon früher
erwähnte lebhafte Ausfuhr byzantinischer Kunstgegenstände nach dem Westen und durch den Einflufs
byzantinischer Künstler leicht erklären läfst.
Das byzantinische Kapitäl ist entweder eine Nachbildung antiker Kapitale, namentlich des korinthischen
(Figur I), wo sich jedoch bei der Behandlung des Blattwerks, welches hier breitgezackt und scharfgespitzt
ist und einer gewissen Erstarrung entgegengeht, nicht mehr jene feine Beobachtung der Natur kundgibt, wie
in der klassischen Zeit; teils weist es eine originale Gestalt auf in der Form eines nach unten zusammen-
gezogenen Würfels (Figur 2). Die vier Seiten sind dann umrahmt von schwach erhabenem Band- oder
Flechtwerk, welches ein stets konventionell behandeltes Blattwerk oder auch symbolische Figuren einschliefst.
Die romanische Architektur bildete ihre Kapitale teils in korinthisierender oder byzantinisierender
Weise (Würfelkapitäl), teils schuf sie sich in den glocken- oder kelchartigen Kapitälen besondere Formen
die bald einfach, bald reich verziert zur Verwendung kommen. Besonders sind viele Würfelkapitäle bedeckt
mit figürlichem Schmuck (Figur 10), wie überhaupt Menschen- und Tier-gestalten, oft in phantastischen
Umbildungen, als Dekorationsmittel nicht verschmäht wurden. Vielfache Anwendung fanden auch die
sogenannten Zwillingskapitäle. Sehr beliebt als Verzierung der Säulenschäfte, Schlufssteine, Friese,
Gesimse u. s. w. war Ranken- und Blattwerk, welches ausnahmslos in stilisierten Formen vorkam und we-
nigstens in den ersten Zeiten oft von geringem Verständnis für die Natur zeugte. Die Blätter sind breit
gehalten und ihre Spitzen vielfach abgerundet. Zur Erzeugung eines kräftigen Wechsels von Licht und
Schatten war alles sehr erhaben, mitunter fast frei herausgearbeitet wie bei Figur I3. Die Figuren 13
und I4 gehören schon dem sogenannten Übergangsstile an.
Kapital aus der Agia Theotokos zu Konstantinopel. Ende des IX. Jahrhunderts.
Kapital aus S. Vitale zu Ravenna.
Fenstersturzverzierung aus der Agia Theotokos zu Konstantinopel.
Kämpfergesims aus der Kirche des h. Nikolaus zu Myra.
Pilasterkapitäl aus der Agia Sophia in Konstantinopel.
Thüreinfassung an der Abteikirche zu S. Denis. XII. Jahrh. (Mitte.)
Füllung.
Säulenverzierung von der Kathedrale zu Bourges.
Desgl. von der Kathedrale zu Autun.
Kapital von der Abteikirche zu St. Benoit.
Desgl. vom Barbarossa-Palast in Gelnhausen.
Bogeneinfassung von der Kirche St. Amant de Boixe.
Desgl. von der Kirche zu Gelnhausen. Anfang des XIII. Jahrh.
Tragstein von der Kirche zu Gelnhausen. Anfang des XIII. Jahrh.
Verzierung an einem Säulenschaft aus der Kirche zu Tournus. XII. jahrh.
Desgl. an einem Säulenschaft aus der Kathedrale zu Chartres. XII. jahrh.
Von einer Thürumrahmung aus der ehemaligen Benediktiner-Abteikirche zu Ellwangen.
Fries im Innern der St. Walderichs-Kapelle zu Murrhardt.
u. 20. Bogenkonsolen am Seitenschiffe der St. Sebalduskirche zu Nürnberg.
Schlufssteinverzierung in derselben Kirche.
Desgl. aus dem Dome zu Bamberg.
Figur 8, 9, I3, 15 u. I6 nach Originalabgüssen der Sammlung von Gypsabgüssen der Kgl. Centralslelle für Gewerbe u. Plandel in Stuttgart.
Das Ubrige entnommen aus:
"Schwarz und Cades, die gahemalige Benedictiner-Abteikirche z. h. Vitus in Ellwangen."
„Baud0t, 1a sculpture frangaise au moyen-äge et ä 1a renaissance."
vsalzenberg, altchristliche Baudenkmale von Konstantinopel vom V_.-XII. Jahrhundert."
„Gai1habaud, Parchitecture du V. au XVII. siäcle et les arts qui en däpendent."
„Viollet-1e-Duc. Dictiolunaire raisonnä de Parchitecture frangaise du XI. au XVI. siäcle."